Der Gipfel der Ampelgegner

von Redaktion

Auf der Zugspitze verschärft die Union ihre Kritik am Kanzler – AKW-Unterstützung von der FDP

Garmisch-Partenkirchen – Alexander Dobrindt, um klingende Worte selten verlegen, hat sich für den Auftritt extra eine Alliteration zurechtgelegt. „Deutschland braucht Zuversicht von der Zugspitze statt Mutlosigkeit aus Meseberg“, sagt der CSU-Landesgruppenchef in die Kameras. Er hat die wichtigsten Unions-Abgeordneten zu sich in den Wahlkreis geholt, steht mit ihnen auf Deutschlands höchstem Berg. Um Zuversicht geht es dann allerdings weniger – eher um „Attacke vom Alpenrand“.

Zum Start ihrer dreitägigen Klausur am Berg und ab heute in Murnau verschärfen Dobrindt und vor allem Unionsfraktionschef Friedrich Merz ihre Angriffe auf die Bundesregierung – und den Kanzler persönlich. „Mir geht der Gedanke durch den Kopf, ob er dem Amt noch gewachsen ist“, sagt Merz. Er verweist auf Olaf Scholz’ Schweigen, als Palästinenserpräsident Mahmud Abbas den Holocaust relativierte. Und auf die Behauptung im Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuss, sich nicht an Details zu erinnern. „Wenn er diese Erinnerungslücken hat, ist das für sich ein Problem.“

So scharfe persönliche Attacken sind selbst für Berliner Verhältnisse selten. Die Union wirft Scholz, der SPD und den Grünen zudem vor, aus parteitaktischen Motiven die Verlängerung der Kernkraftwerks-Laufzeiten zu verzögern. Dobrindt deutet an, dass die Ampel-Koalition die Ergebnisse des laufenden Stresstests bis zur Niedersachsen-Landtagswahl im Oktober zurückhalten wolle.

Die Unions-Abgeordneten formulieren an der Zugspitze ihr Gegenkonzept. Es soll die Verlängerung der drei noch laufenden Meiler (darunter Isar 2) geben, und zwar um mehrere Jahre; Dobrindt spricht von bis zu fünf, Merz von bis zu drei. Drei jüngst stillgelegte Meiler will die Union zudem wieder ans Netz nehmen. Insgesamt könnten so 20 Millionen Haushalte mit Strom versorgt werden. All das nicht im Streckbetrieb, sondern mit neuen Brennstäben. Ähnlich positionierte sich CSU-Chef Markus Söder in einem Interview.

Merz geht noch einen Schritt weiter: „Wir wollen nicht zurück in die alte Kernenergie“, sagt er. Er will aber explizit für die Zukunft nicht ausschließen, neue, hochmoderne Reaktoren zu bauen. Er habe keine abgeschlossene Meinung dazu. Das „könnte eine Option sein“.

Interessant dabei: Die Union hat einen Verbündeten in dieser Frage in der Ampel. Die FDP, die zeitgleich in eine Fraktionsklausur in Bremen geht, verabschiedet so wie die Union ein Positionspapier klar pro Weiterbetrieb. Das würde den Gasbedarf senken und die Strompreise „spürbar“ dämpfen, heißt es darin. „Die geplante Stilllegung der drei noch laufenden Kernkraftwerke würde die aktuelle Energiekrise verschlimmern.“ Die Liberalen fordern Tempo, nötigenfalls auch den Kauf weiterer Brennstäbe: „Die Vorkehrungen für den Weiterbetrieb müssen jetzt angesichts der sich verschärfenden Stromkrise unverzüglich getroffen werden.“

Die Grünen lehnten das umgehend ab. Atomkraftwerke könnten „maximal ein Prozent“ des Gasverbrauchs in der Stromerzeugung ersetzen, sagte die Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge. Der Ruf nach der Laufzeitverlängerung sei nur eine „Scheindebatte“.   C. DEUTSCHLÄNDER

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