Entlastungspaket der Ampel

Die Richtung stimmt

von Redaktion

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Politik entkoppelt sich manchmal und rotiert um sich selbst, Befindlichkeiten, Rituale, Talkshow-Tralala. Das reicht nicht, um durch diesen Winter zu kommen. Denn die Energiepreise werden mit einer Wucht in den Alltag der Menschen einschlagen, die das Land seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hat. Verfünffachte Gas-Rechnungen, explodierende Preise für alle Energieträger bis hin zu Öl, Holz, Pellets, vielleicht Knappheiten: Vieles, worum sich unsere Aufregung sonst gern dreht, von Winnetou bis Gendersprech, ist dagegen Pipifax. Es ist gut, dass die Ampelkoalition die exorbitanten Mehrausgaben mit einem mächtigen Entlastungspaket lindert.

Fast jede der Maßnahmen ist richtig, auch wenn sie unterschiedlichen Systematiken folgen. Der 300-Euro-Zuschuss für die Rentner, so gerecht er parallel zum Energiegeld für Arbeitnehmer ist, wirkt nur einmalig und in Teilen symbolisch. Das versprochene Verschieben der Steuerkurven, die Strompreisbremse (falls sie funktioniert), die Senkung der Gas-Steuern, Wohngeldreform, die Midi-Jobs greifen längerfristig. Ja, sogar die Nachfolge des 9-Euro-Tickets, wenn auch im Detail noch arg vage, wird in Ballungsräumen finanziell dämpfend wirken. Bevor das große Genörgel und Kompetenz-Gemaule losgeht: Auch dieses Projekt ist angemessen und sinnvoll.

Ja, das Gesamtpaket lässt Fragen offen. Wird die arbeitende Mittelschicht wirklich stark genug entlastet? Das kann nur das Steuerpaket beweisen, das Finanzminister Lindner aber erst im Herbst vorlegt – hoffentlich verzwergt sein Mut nicht, wenn ihm in jenen Monaten entgegen derzeitigen Beteuerungen die Schuldenbremse um die Ohren fliegen wird. Dass der Ampel der Kompass da grob zittert, zeigte das leider schon früher beschlossene, grottenfalsche Sanktions-Moratorium für arbeitsunwillige Arbeitslose, das gar nicht in die Zeit passt. Oder, weiterer Streitpunkt: Warum bauen das Strommarkt-Design und die AKW-Abschaltung jene Megarenditen auf, die nun eine Übergewinnsteuer abschöpft und umverteilt? Und wie lange wird’s dauern, bis das rechtssicher klappt?

Zweifel also, gravierende auch, aber ein Zweifel ist ausgeräumt: Die Koalition, zuletzt etwas außer Takt, hat das Ausmaß des Entlastungsbedarfs verstanden und ist so weit arbeitsfähig, um darauf wuchtig zu reagieren.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

Artikel 11 von 11