Liz Truss wird Premierministerin

Schwere Hypothek

von Redaktion

VON MARC BEYER

Fast noch das Beste, was sich über den Machtkampf in Großbritannien sagen lässt, ist die Tatsache, dass er niemals langweilig war. Im Stile einer Castingshow wurden die Bewerber ausgesiebt, bis nur noch zwei übrig blieben. Das Problem dabei: Zum Superstar taugen weder Liz Truss noch Rishi Sunak.

Dass nun die Außenministerin das Rennen gemacht hat, ist schon lange keine Überraschung mehr. Nicht weil sie in den vergangenen Monaten so brilliert hätte. Zugute kam Truss eher, dass sie im Wahlkampf geschmeidiger und weniger fehlerhaft agierte als der Multimillionär Sunak, der den Sorgen der Bürger seltsam entrückt wirkte.

Truss hat in ihrer Karriere oft gezeigt, dass sie sich anpassen kann. Ein Kompliment ist das nur bedingt. Die Frau, die in jungen Jahren eine glühende Liberale war, ist heute nicht nur stramm konservativ. Sie stand auch bis zum Schluss loyal hinter der Skandalnudel Boris Johnson, ihrem Förderer. Schlimmer noch: Sie teilt seine konfrontative Haltung zur EU und scheint nicht davor zurückzuschrecken, das Nordirland-Protokoll des Brexit-Vertrages (den sie anfangs ablehnte) zu brechen. In einer Zeit, in der starke Partner wichtiger denn je sind, stößt sie die EU mit Ansage vor den Kopf. Das mag ihr im Wahlkampf geholfen haben. Für das künftige Verhältnis zu Brüssel ist es eine Hypothek.

Marc.Beyer@ovb.net

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