Putin droht mit neuem Getreidestopp

von Redaktion

VON HANNAH WAGNER UND ANDRE BALLIN

Wladiwostok – Mehr als sechs Monate nach Kriegsbeginn hat Russlands Präsident Wladimir Putin die westlichen Sanktionen gegen sein Land als „Bedrohung für die ganze Welt“ kritisiert. Unter Führung der USA sei der Westen in ein regelrechtes „Sanktionsfieber“ verfallen, sagte Putin am Mittwoch beim 7. Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok am Pazifik. Der Kremlchef sprach von „aggressiven Versuchen, anderen Ländern ein Verhaltensmodell aufzuzwingen, sie ihrer Souveränität zu berauben und sie dem eigenen Willen zu unterwerfen“.

Vor Staatsgästen unter anderem aus China, Mongolei und Myanmar beschwor er das Bild einer aufblühenden Asien-Pazifik-Region: Deren Länder, so Putin, seien angesichts „tektonischer Veränderungen“ in der Welt zu „neuen Zentren des wirtschaftlichen und technologischen Wachstums“ geworden.

Unzufrieden zeigte sich der Kremlchef mit der Umsetzung des im Juli geschlossenen Abkommens über die Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine. Anders als zugesichert hielten Beschränkungen für russische Exporte weiter an, sagte er. Es habe sich herausgestellt, „dass wir ein weiteres Mal einfach nur grob abgezockt wurden, wie man im Volksmund sagt“. Putin warf der EU vor, sich die allermeisten Getreidelieferungen gesichert zu haben. Nach aktuellen Daten des Beobachtungszentrums in Istanbul wurde jedoch nur etwas mehr als ein Drittel des ukrainischen Getreides in europäische Länder geliefert. Von dort wird es im Rahmen von Handelsvereinbarungen zudem oft weiterverkauft.

Putin deutete an, dass das unter türkischer Vermittlung geschlossene Abkommen jederzeit platzen könnte: „Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, den Export von Getreide und (…) Lebensmitteln entlang dieser Route zu begrenzen“, sagte er. „Ich werde mich zu diesem Thema definitiv mit dem Präsidenten der Türkei, Herrn Erdogan, beraten.“

Explizit zur Ukraine äußerte sich Putin in seiner mit Spannung erwarteten Rede erst auf Nachfrage des Moderators. Den von ihm nur als „militärische Spezial-Operation“ bezeichneten Krieg, der UN-Angaben zufolge bereits mehr als 5700 Zivilisten das Leben kostete, verteidigte er einmal mehr als angeblich notwendige Maßnahme, um Russland zu schützen.

„Ich kann sagen, dass der hauptsächliche Zugewinn die Stärkung unserer Souveränität ist – und das ist ein unweigerliches Ergebnis dessen, was gerade passiert“, sagte er. Bereits in der Vergangenheit hatte Putin den Einmarsch als notwendigen Präventivschlag dargestellt, um einem angeblich bevorstehenden ukrainischen Angriff auf Russland zuvorzukommen.

Unterdessen wurde bekannt, dass sich Putin Ende nächster Woche in Usbekistan mit Chinas Staatschef Xi Jinping treffen wird. Laut Nachrichtenagentur Tass sagte Russlands Botschafter in Peking, Andrej Denisow, beide Staatsführer würden sich am Rande des Gipfels der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit im usbekischen Samarkand sehen.

Nächste Woche trifft sich der Kreml-Chef mit Xi

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