Großer Zinsschritt der EZB

Ein nicht ungefährlicher Spagat

von Redaktion

VON ROLF OBERTREIS

Der größte Zinsschritt in der 23-jährigen Geschichte der Europäischen Zentralbank kann niemand überraschen. Er belegt den Ernst der Lage, die spätestens nach der Bekanntgabe der Rekord-Inflation von 9,1 Prozent in der Eurozone im August klar war. Die Gefahr steigt, dass die Rate in diesem Jahr noch zweistellig wird, wenn der dramatische Anstieg vor allem des Gaspreises voll auf Verbraucher und Unternehmen durchschlägt.

Die EZB kämpft gegen die dramatisch hohe Inflation, aber auch gegen die besorgniserregend hohen Inflationserwartungen – mit mäßigem Erfolg; die Notenbanker haben sich schon öfter getäuscht. Die Folge: Verbraucher halten sich mit Ausgaben zurück. Das trifft die Unternehmen, die weniger verkaufen können und dann geplante Investitionen stoppen. Beides schlägt auf die Wirtschaft durch. Die Gefahr einer Rezession steigt nicht nur. Sie ist kaum noch abzuwenden.

Die EZB wagt mit dem großen Zinsschritt und weiteren angekündigten Erhöhungen einen nicht ungefährlichen Spagat. Sparer können zwar mit wieder steigenden Zinsen rechnen, auch wenn sie die Inflation bei Weitem noch nicht ausgleichen. Andererseits steigen die Zinsen für Kredite. Das trifft Verbraucher, Häuslebauer und Unternehmen in einer ohnehin höchst kritischen Phase. Was wiederum die Rezessionsgefahr noch weiter befördert.

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