Hannover – CDU-Chef Friedrich Merz sieht seine Partei nach dem historischen Desaster der Union bei der Bundestagswahl auf dem Weg der Erneuerung. „Die CDU ist zurück. Die CDU ist da. Sie ist auch an der Spitze der politischen Diskussion in unserem Land“, sagte Merz zum Ende des Parteitags in Hannover.
Nach jahrelanger Debatte beschlossen die Delegierten eine Frauenquote für Partei- und Wahllisten, schrittweise und vorübergehend. Mit einer „Grundwerte-Charta“ stellten sie die Weichen für ein neues Grundsatzprogramm. Zudem sprachen sie sich überraschend für ein verpflichtendes soziales Jahr für junge Menschen („Gesellschaftsjahr“) anstatt einer freiwilligen Variante aus.
Die Union war 2021 mit ihrem historisch schlechtesten Ergebnis von 24,1 Prozent nach 16 Jahren Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel in die Opposition gestürzt. Derzeit liegt sie im Umfragen wieder vor Grünen und SPD. Die CDU und die bayerische Schwesterpartei CSU demonstrierten auf dem Parteitag einen neuen Schulterschluss. CSU-Chef Markus Söder räumte unter dem Applaus der Delegierten ein, 2021 seien Fehler gemacht worden, „natürlich auch von mir“. Merz sagte nach Söders Rede, man arbeite und kämpfe gut, freundschaftlich und vertrauensvoll zusammen. „Wir sind dabei geschlossen wie selten zuvor.“
Söder bekannte vor den Delegierten: „Ich weiß, 2021 war nicht unser bestes Jahr.“ Zugleich versicherte er: „Wir haben daraus gelernt.“ Der Neustart 2022 sei „nicht nur besser gelaufen, als es die Linken erhofft haben“. Die Zusammenarbeit in Fraktion und Partei „ganz besonders mit Eurem Vorsitzenden, lieber Friedrich, läuft exzellent, besser, als wir beide es wahrscheinlich erwartet hätten“.
In der Union ist es ein offenes Geheimnis, dass das Verhältnis zwischen Merz und Söder nicht immer das beste war. Nicht wenige in der CDU geben CSU-Chef Söder wegen dessen anhaltenden Sticheleien gegen den damaligen CDU-Vorsitzenden und glücklosen Kanzlerkandidaten Armin Laschet im Wahlkampf 2021 eine Mitverantwortung am Scheitern bei der Bundestagswahl. Laschet übrigens nutzte Söders Rede zu einem kleinen Revanchefoul – auf Twitter. Thema war die Frisur von Grünen-Politiker Anton Hofreiter, dem Söder (wie schon in mehreren Reden) einen „ordentlichen, militärischen Haarschnitt“ empfahl, was Laschet unangemessen fand. Im Internet rügte der frühere NRW-Regent nun den „Stil“ des Bayern.
Auch für einen anderen Passus aus Söders Rede gibt es Rempler. Mit einem Versprecher zum Thema Drogen hat er den Spott von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf sich gezogen. Söder hatte die von der Ampel-Koalition geplante Legalisierung von Cannabis kritisiert und wollte betonen, dass anschließend womöglich auch härtere Drogen wie Crystal Meth freigegeben werden könnten. Allerdings sprach er das englische „th“ nicht korrekt aus und sagte „Crystal Mett“, was Lauterbach und andere Nutzer von sozialen Medien an den in einigen Regionen beliebten gehackten Fleischaufstrich erinnerte. „Zumindest Vegetarier bleiben ungefährdet“, spottet Lauterbach. Dabei unterlief ihm selbst ein Schreibfehler: Die Droge schreibt sich auf Englisch „Crystal“ und nicht „Chrystal“.
Beim früheren Koalitionspartner FDP stieß der CDU-Plan zum verpflichtenden Gesellschaftsjahr für junge Menschen auf Kritik. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) kritisierte: „Sie haben in der Pandemie schon genug gelitten. Der Staat darf nicht einfach noch ein Jahr ihres Lebens enteignen.“
Merz verteidigte ein Pflichtjahr. „Wir wissen aus Befragungen, dass die Mehrheit der Bevölkerung dafür ist. Und wir wissen sogar aus Befragungen, dass die junge Generation mehrheitlich dafür ist“, sagte er. Absolviert werden könnte es in sozialen Einrichtungen, bei der Bundeswehr, bei Hilfsorganisationen, Umweltverbänden oder im Sport.