Wahl in Italien

Ein Sieg der Resignation

von Redaktion

VON KLAUS RIMPEL

Sind die Italiener jetzt plötzlich alle Nazis geworden? Nein, natürlich nicht. Der Wahlsieg Giorgia Melonis ist eher ein Ausdruck der Resignation und Politikverdrossenheit als einer flächendeckenden Mussolini-Renaissance. Die stärkste Kraft am Stiefel sind die Nichtwähler: Gut 36 Prozent der Italiener verweigerten den Gang zur Wahlurne. Und viele der rund 26 Prozent, die für Meloni stimmten, gaben als Beweggrund an: Sie war nicht bei all den geplatzten Vorgänger-Regierungen dabei, probieren wir halt mal was Neues.

Das alles macht diesen Rechtsrutsch nicht weniger gefährlich: Die geschlossene EU-Haltung gegen Putin könnte ins Wanken geraten, ein gnadenlos-populistischer Verschuldungskurs könnte die Stabilität des Euro gefährden, die drittgrößte Wirtschaftsmacht Europas könnte zentrale EU-Projekte wie den Klimaschutz blockieren – und in gesellschaftlichen Fragen wie Abtreibung oder Toleranz für Homosexuelle droht Italien eine tiefe Spaltung.

Doch es gibt Hoffnung, dass extreme Verwerfungen durch die regierungsunerfahrene Postfaschistin verhindert werden können: Auch Meloni ist abhängig vom Geld aus Brüssel – die nächsten Tranchen des 200-Milliarden-Euro-Hilfspakets für Rom sind ein effektives Druckmittel. Und die durch miese Wahlergebnisse angeknacksten Egos von Matteo Salvini und Silvio Berlusconi garantieren Streit und gegenseitige Lähmung im Rechtsbündnis. „Der Spaß ist vorbei“, drohte Meloni der EU – aber auch auf Italien kommen wenig spaßige Zeiten zu.

Klaus.Rimpel@ovb.net

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