Moskau will rasch Fakten schaffen

von Redaktion

Moskau – Nach den völkerrechtswidrigen Scheinreferenden will Russlands Präsident Wladimir Putin die Annexion mehrerer ukrainischer Gebiete bereits heute offiziell machen. Regierungssprecher Dmitri Peskow kündigte an, dass im Kreml eine „Zeremonie zur Unterzeichnung von Abkommen über den Beitritt neuer Gebiete in die Russische Föderation“ stattfinden werde. Er sprach zudem von einem „voluminösen Auftritt“ Putins.

International werden weder die inszenierten Abstimmungen im Osten und Süden der Ukraine noch die Annexion der besetzten Gebiete anerkannt. 2014 hatte Moskau sich bereits die Schwarzmeer-Halbinsel Krim einverleibt. Zusammen mit der Krim stehen knapp 20 Prozent des ukrainischen Territoriums unter russischer Kontrolle.

Zugleich betonte der Kremlsprecher, dass es sich bei der heutigen Zeremonie noch nicht um die Ansprache Putins vor der Föderationsversammlung – also den beiden Kammern des russischen Parlaments – handele. Diese solle erst später stattfinden. Die beiden Kammern haben bereits angekündigt, ihrerseits am Montag und am Dienstag über die Annexionen zu entscheiden.

Die Separatisten-Chefs der vier Regionen trafen inzwischen für den Vollzug der Annexion in Moskau ein, wie russische Nachrichtenagenturen meldeten. Am Mittwoch hatten sie Putin formell um die Aufnahme in die Russische Föderation gebeten.

In der russischen Hauptstadt wurden die ersten Vorbereitungen für die geplanten Feierlichkeiten rund um die Annexion getroffen. Die Behörden kündigten die Sperrung von Straßen im Zentrum an, vor allem um den Roten Platz herum. Russischen Medienberichten zufolge soll unweit des Kremls ein Konzert stattfinden, bei dem auch Putin öffentlich auftreten könnte.

Westliche Regierungen haben wiederholt erklärt, die Ergebnisse der sogenannten Referenden niemals anzuerkennen. Sie warnten Putin zudem vor einem Einsatz von Atomwaffen. Putin hatte zuvor indirekt damit gedroht, die vier Regionen notfalls auch mit nuklearen Waffen zu verteidigen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erneuerte ihre Kritik an den Scheinreferenden. Menschen seien mit vorgehaltener Waffe „aus ihren Wohnungen oder von ihren Arbeitsplätzen geholt“ worden, „um in gläsernen Wahlurnen Stimmen abzugeben“, sagte sie in Berlin. „Das ist das Gegenteil von freien und fairen Wahlen.“

Kiew hatte zuletzt weitere Sanktionen des Westens gegen Russland und zusätzliche Waffenlieferungen gefordert. „Die Ukraine kann und wird keine Versuche Russlands dulden, sich einen Teil unseres Landes anzueignen“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj. Die vier Regionen bilden einen wichtigen Landkorridor zwischen Russland und der Krim.

Mit Blick auf die geplante Annexion kommt heute der Nationale Sicherheitsrat der Ukraine zusammen. Der Rat ist ein Gremium unter Vorsitz des Präsidenten. Zu ihm gehören unter anderem die Chefs von Armee und Geheimdiensten, Verteidigungs- und Innenminister und andere Regierungsmitglieder.

Angesichts der Massenflucht von russischen Kriegsdienstverweigerern in das zentralasiatische Nachbarland Kasachstan wollen russische Behörden wehrpflichtige Männer jetzt an der Grenze herausfiltern. In den nächsten Tagen werde ein vorübergehendes Mobilisierungszentrum am Grenzübergang Karausek im russischen Gebiet Astrachan eröffnet, teilte die Gebietsverwaltung mit. An der Grenze habe sich eine kilometerlange Schlange aus Männern im wehrpflichtigen Alter gebildet, hieß es weiter. Am Grenzübergang würden die Pässe der Ausreisenden künftig mit den Einberufungslisten abgeglichen. Laut Behörden sind seit Ausrufung der Teilmobilmachung von Reservisten fast 100 000 russische Staatsbürger nach Kasachstan eingereist.

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