Natürlich schlagen die EU-Sorgenkinder Polen und Ungarn wieder die hysterischsten Töne an, wenn es um die geplanten deutschen Hilfen für Bürger und Wirtschaft geht. Ärgerlich. Trotzdem sollte man etwas Verständnis für die europäischen Sorgen angesichts der Finanz- und Wirtschaftskraft des großen Nachbarn haben. Überall explodieren die Energiepreise, aber nicht überall ist der Staat stark genug, um so wuchtige Pakete zu schnüren.
In aufgeregten Zeiten empfiehlt sich, kühlen Kopf zu bewahren. Zur Wahrheit zählt: Andere Länder – beispielsweise Frankreich – sind bei der Preisbremse schon erheblich weiter, nur gab es da keine Aufregung im Ausland. Zudem ist noch offen, wie die Preisbremse im Detail aussieht und ob am Ende der Finanzrahmen von 200 Milliarden Euro überhaupt jemals ausgeschöpft wird. Und selbst in Warschau oder Budapest dürfte man realisieren, welche Turbulenzen im eigenen Land drohen, wenn Deutschland ernsthaft ins Wanken geriete.
Je enger die EU-Wirtschaft zusammenwächst, desto weniger lassen sich europäische oder gar globale Herausforderungen allein auf Länderebene bewältigen. Wie bei Corona wird es auch in der Energiekrise, die Deutschland federführend mitverursacht hat, gesamteuropäische Solidarität geben müssen. Warschau oder Budapest wird man dann in krisenfreien Zeiten daran erinnern müssen, dass das Bündnis keine Einbahnstraße ist.
Mike.Schier@ovb.net