Breites Bündnis verspricht mehr Tempo am Bau

von Redaktion

Kanzler Scholz und sein Gipfel: Mehr Geld für Sozialwohnungen, weniger Abstandsregeln

Berlin – Die Messlatte liegt hoch. Hoch genug, um darunter hindurchzulaufen? Politik und Experten streiten auch nach einem großen Bau-Gipfel, ob die Bundesregierung ihre Ziele beim Wohnungsbau erreichen kann. Die Ampel wollte 100 000 neue Sozialwohnungen pro Jahr bauen lassen, insgesamt sollten dieses Jahr 400 000 Neubauwohnungen hochgezogen werden. So steht es im Koalitionsvertrag.

Die Regierung sei „meilenweit“ davon entfernt, sagt Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten. Er geht davon aus, dass heuer weniger als 300 000 Wohnungen gebaut würden – „und womöglich auch weniger Sozialwohnungen als im Vorjahr, als rund 25 000 Sozialwohnungen fertiggestellt worden sind“. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) räumte bei der Vorstellung der Vorschläge des „Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“ zwar ein, dass die Zielmarke von 400 000 „ambitioniert“ erscheine. Doch Geywitz und Kanzler Olaf Scholz (SPD) erklärten, in schwierigen Zeiten an diesem Ziel festhalten zu wollen.

Das von der Regierung initiierte „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Umwelt- und Mieterverbänden hat sich auf „187 konkret zurechenbare und mit einem Datum versehene Maßnahmen“ geeinigt, so Geywitz.

So will das Bündnis auf serielles Bauen mit Fertigbauteilen setzen. „Wir brauchen Typengenehmigungen: Wenn ein Haus in Hamburg genehmigt ist, muss nicht noch mal ein Beamter in Bayern darüber nachdenken, ob das ein sicheres und ein gutes Haus ist“, sagte Geywitz im Deutschlandfunk. Dazu soll eine „Geschäftsstelle für serielles Bauen“ im Ministerium für die Industrialisierung von Bauprozessen sorgen. „Diese Bauweisen besitzen das Potenzial, bei hoher Stückzahl möglichst niedrige Baukosten bei gleichbleibender Qualität zu erzielen“, heißt es im Beschluss des Bündnisses. Gebühren und Steuern zum Wohnungserwerb sollen sinken. Für den Bau von Sozialwohnungen will der Bund bis 2026 rund 14,5 Milliarden Euro ausgeben, 10,5 Milliarden mehr als zunächst geplant.

Auch für Menschen mit mittleren Einkommen soll es durch Förderungen möglich sein, sich eine Immobilie zu kaufen, heißt es im Beschluss. „Die Hürden beim privaten Eigentumserwerb sind gerade für Familien mit Kindern und geringerem Eigenkapital hoch. Mit Instrumenten wie der Vorsparförderung und Darlehen wie auch Tilgungszuschüssen und Zinsverbilligungen können diese Hürden reduziert werden.“ Vergabe-Verfahren sollen vereinfacht werden. Planer, Bauunternehmen und Auftraggeber sollen über eine neue digitale Plattform früher zusammenarbeiten.

Ein weiteres Ziel ist die Verdichtung von Innenstädten. Nachverdichtung und Dachgeschossausbau sollen befördert werden. Überprüft werden sollen dafür Abstandsregelungen, Brandschutz, Denkmalschutz, Natur- und Schallschutz. Ein Beispiel für geplante Vereinfachungen ist, dass die Kommunen auf eine bisher übliche, nachträgliche Erhöhung der vorgeschriebenen Zahl von Stellplätzen für Autos verzichten können sollen, wenn Häuser aufgestockt werden.

Die Beschlüsse stoßen auf Skepsis. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Ulrich Lange sagte unserer Zeitung, das Scheitern des 400 000-Neubauten-Ziels sei „eine herbe Klatsche für Geywitz“. Haus-und-Grund-Präsident Kai Warnecke meinte: „Es gab zu viele Teilnehmer, die noch nie ein Haus finanziert und gebaut haben.“ KLAUS RIMPEL

Artikel 1 von 11