In Köln ruft jetzt der Muezzin

von Redaktion

Modellprojekt ist auf zwei Jahre befristet – Kritik an Ditib

Köln – Am Freitag ruft in Köln erstmals der Muezzin öffentlich zum Gebet. An der Zentralmoschee der Türkisch-Islamischen Union (Ditib) im Stadtteil Ehrenfeld werde deren Religionsbeauftragter Mustafa Kader den Gebetsruf um 13.24 Uhr rezitieren, teilte die Ditib mit. Dies sei ein wichtiger Schritt für die Wahrnehmung der muslimischen Glaubensgemeinschaften als Teil der Gesellschaft, sagte der stellvertretende Vorsitzende Abdurrahman Atasoy.

Die Moscheegemeinde in Ehrenfeld ist die bislang einzige, die im Zuge eines auf zwei Jahre befristeten Modellprojekts der Stadt Köln einen Antrag gestellt hat. Rund zehn weitere haben Interesse bekundet. Der Kölner Muezzinruf ist aber nicht der erste in Deutschland: In rund 30 Moscheegemeinden ist das bereits üblich.

„Dass Muslime mit ihren repräsentativen Moscheen als sichtbarer und mit ihrem Gebetsruf als hörbarer Teil endlich gesellschaftlich angekommen und angenommen sind, ist die Kernbotschaft dieses langen Prozesses“, erklärte Atasoy. Kritik kam von Murat Kayman vom Beirat der Alhambra-Gesellschaft, einem Zusammenschluss liberaler Muslime. Zwar begrüße er, dass der Muezzinruf möglich sei, sagte er dem Kölner Domradio. Er habe jedoch ein Problem mit der Institution Ditib, die dem türkischen Staat nahe steht: „Sie steht für alles, aber nicht für demokratische Verhältnisse und Freiheitlichkeit.“

Der Religionssoziologe Detlef Pollack aus Münster glaubt, weite Teile der Bevölkerung lehnten den Muezzinruf ab, weil sie im Islam etwas Bedrohliches sähen. Beim Läuten von Kirchenglocken sei das anders. „Wahrscheinlich hat das unter anderem damit zu tun, dass dem Christentum als einem Fundament unserer Kultur viele – trotz aller Kirchenkritik – mit Sympathie gegenüberstehen und das Läuten der Glocken als Teil dieser Kultur empfinden“, sagte Pollack. „Der Muezzinruf aber wird als etwas Fremdes wahrgenommen, das nicht zu unserer Kultur gehört.“

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