Die Grünen nach dem Parteitag

Fesseln für Robert Habeck

von Redaktion

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Glücklich glucksend verfolgt die geneigte Öffentlichkeit den Grünen-Parteitag in Bonn. Diese tiefen Diskussionen! Diese innerparteiliche Demokratie! Dieser Habeck-Auftritt! Toll. Die Analyse könnte allerdings auch nüchterner ausfallen: Für die Bundesregierung, für unser Land war das Wochenende ein Rückschritt.

Der Parteitag legt Habeck Fesseln an in der Energiepolitik. Die Beschlüsse wollen jeden Kompromiss mit der FDP um den AKW-Weiterbetrieb unmöglich machen. Im April die Abrissbagger vor die letzten funktionierenden Kraftwerke rollen zu lassen, ist ideologiegetrieben. Ohne den AKW-Ertrag verträumt zu überschätzen und die Risiken auszublenden – politisch ist das kategorische Nein falsch. Jetzt setzt sich diese Koalition, die in der Energie einen fetten Scherbenhaufen von den Vorgängern übernehmen musste, ohne Not einem gefährlichen Vorwurf aus: Ihr tut nicht alles gegen Blackout-Gefahren.

Rote Linien mögen der grünen Selbstvergewisserung dienen. Zugegeben, die Partei hat auf anderen Feldern – Militär, Rüstung – einen beeindruckenden Weg zurückgelegt, sich Pragmatismus und Realität geöffnet. Warum nicht auch in der Energiepolitik? Eine Dreier-Koalition kann nicht völlig ohne Beinfreiheit für die Minister erfolgreich durch eine Jahrhundertkrise steuern.

Habeck hat diese Woche nun die Wahl: die eigene Basis brüskieren, oder die Ampel aufs Spiel setzen. Die Koalition hat sich durch ihre elendige Vertagerei – Apathie vor der Niedersachsen-Wahl, Abwarten bis zum Grünen-Parteitag – in eine missliche Lage gebracht.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

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