Dauerkrise in London

Truss geht, der Polit-Krampf bleibt

von Redaktion

MARCUS MÄCKLER

Sie können einem schon leidtun, die Briten. Erst der holprige Brexit, dann drei bange Jahre unter Chaos-Premier Boris Johnson, zuletzt sechs wilde Wochen unter Nachfolgerin Liz Truss. Der Großteil ihrer kurzen Amtszeit war von der Gewissheit geprägt, dass sie die Falsche für das Amt ist. Ihr Rücktritt war unabwendbar und hätte eine Chance sein können. Stattdessen droht dem Land eine Fortsetzung des Polit-Krampfs mit anderem Personal.

Was es jetzt bräuchte, wäre ein klarer Schnitt, eine politische Neuordnung durch Wahlen. Doch wie schon beim zähen EU-Austrittsprozess, als die Stimmung in der Bevölkerung zusehends proeuropäisch wurde, lehnen die regierenden Konservativen es ab, den Briten die Wahl zu lassen. Lieber wollen sie nach Johnson und Truss zum dritten Mal intern klären, wer neuer Regierungschef wird, als gäbe es auf der Insel nicht längst eine Erb-Monarchie. Grund ist natürlich die berechtigte Angst vor dem Machtverlust. Vom Wahlrecht ist das gedeckt, aber schaut man auf die Umfragen, wird deutlich: Den lahmregierten Tories fehlt die Legitimation, sich und das Land weiter zu quälen.

Als wäre die Situation nicht absurd genug, scheint Boris Johnson – erst ein paar Wochen aus dem Amt – schon seine Rückkehr zu planen. Seine Fürsprecher (an der Basis und an der Parteispitze) sind zahlreich und hartnäckig, sie dürften den Druck auf Truss mit befördert haben. Aber eines ist sonnenklar: Käme es so, würde sich das einst stolze Großbritannien endgültig zur Lachnummer machen.

Marcus.Maeckler@ovb.net

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