Europa hadert mit der Ampelregierung

Ein Kinnhaken für den Bundeskanzler

von Redaktion

GEORG ANASTASIADIS

Deutschland, das war immer Europas Klassenprimus – jedenfalls gefiel man sich in Berlin sehr in dieser Rolle und kam anderen EU-Partnern gern mit dem erhobenen Zeigefinger. Doch in den Augen unserer Freunde hat sich der Streber als Egoist entpuppt. Dafür kassierte der Bundeskanzler auf dem Brüsseler EU-Gipfel eine Abreibung, wie man sie auf Europas Pausenhof noch nicht erlebt hat. Selbst enge Freunde gingen auf Distanz, und Frankreichs Präsident Macron versetzte Olaf Scholz den härtesten Kinnhaken, als er vor der Weltöffentlichkeit kaltblütig zu Protokoll gab: „Ich glaube, es ist nicht gut, weder für Deutschland noch für Europa, dass sie sich isolieren.“

Als immer rücksichtsloser empfinden Deutschlands Partner dessen Extratouren. Und es stimmt ja: Gerade ist man in Berlin mit Putins Gas auf die Nase gefallen, da treibt der Kanzler mit dem geplanten Teilverkauf des Hamburger Hafens an China Europa in die nächste Falle. Das ist nicht clever, auch wenn es der Exportnation D kurzfristig Vorteile verspricht. Frech auch die Atom-Nummer: Im April macht die Ampelregierung ihre letzten drei AKW dicht – um im nächsten Winter ungeniert den EU-Strommarkt anzuzapfen und dort die Nöte zu verstärken. Der ärgste Stimmungskiller in Brüssel aber war der „Doppelwumms“: Für galaktische Summen kauft Wirtschaftsminister Habeck Europas Gasmarkt leer, treibt die Notierungen in schwindelnde Höhen. Retten will Deutschland aber nur sich selbst, und die Zeche sollen alle anderen mitbezahlen.

Von denen verlangte Berlin in der Eurokrise Buße; jetzt, da man selbst Mist gebaut hat, begegnet Scholz unseren Handelspartnern mit einer Mischung aus Ignoranz und Arroganz. Das wird nicht gut gehen. Unter Merkel glaubte man in Berlin an einen Sonderdeal mit Moskau, hielt sich die Ohren zu, als die Osteuropäer warnten. Doch statt die Geisterfahrt jetzt zu stoppen, tritt die Ampelkoalition aufs Gaspedal. Ja, Deutschland ist stark und muss es bleiben, wenn es auch Europa gut gehen soll, dessen Hegemon es sein will. Doch das gilt auch umgekehrt, seit Putins Zeitenbruch mehr denn je. Der Letzte, der das wusste und danach handelte, war Helmut Kohl.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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