Das Stichwort Unwohlsein kann einem tatsächlich in den Sinn kommen, wenn man die Bilder aus Peking sieht – nur anders, als es die Strategen des Parteitags weismachen wollen. Die verstörenden Aufnahmen von Saalordnern, die Hu Jintao vom Podium geleiten, ihn mehr ziehen als führen, hinterlassen bei westlichen Betrachtern ein beklemmendes Gefühl. Und das nicht bloß wegen der womöglich labilen Gesundheit des Ex-Staatschefs.
Ein Parteitag, der nur alle fünf Jahre stattfindet, ist in einem Land wie China perfekt durchchoreografiert. Kein Bild gelangt an die Öffentlichkeit, das die politische Führung dort nicht haben will. Wäre Hu, der nicht zu den engsten Unterstützern von Präsident Xi Jinping zählt, tatsächlich nur kurzzeitig unpässlich gewesen, hätte die Bildregie jederzeit pietätvoll ausblenden können. Voll draufzuhalten, geschah in vollem Bewusstsein um die Wirkung, nicht zuletzt im Westen. China und die ganze Welt sollten sehen, welche Macht Xi innehat und was mit denen geschieht, die er nicht auf seiner Seite wähnt.
Diese Botschaft sollte man im Westen ernst nehmen – nicht nur, aber durchaus auch vor dem Hintergrund der Debatte um einen Verkauf von Anteilen des Hamburger Hafens. Wer mit Peking Geschäfte macht, muss wissen, worauf er sich einlässt. Von einem Land, das seinen langjährigen Anführer so kalt abserviert, werden im Umgang mit demokratischen Staaten erst recht keine Skrupel zu erwarten sein.
Marc.Beyer@ovb.net