Jetzt geht er freiwillig

von Redaktion

CSU-Fraktionschef Kreuzer ließ Vorwürfe abperlen – Nun verzichtet er 2023 auf eine Kandidatur

Kempten/München – Die letzte Machtprobe war vor einem halben Jahr, und Thomas Kreuzer hat sie klar gewonnen. In einer Aussprache seiner CSU-Fraktion pflückte er sich seine Kritiker heraus, warnte sie, mit Attacken der ganzen Partei zu schaden, und verteidigte seinen Führungsstil. Man sah hernach manchen Abgeordneten gesenkten Hauptes aus dem Saal tippeln, Kreuzer trat aufrecht vor die Mikrofone. Umso mehr überrascht, was der Fraktionschef am Montagabend im CSU-Kreisvorstand Kempten erklärte: Er zieht sich aus der Politik zurück.

2023 werde er nicht mehr für den Landtag kandidieren, teilte der 63-Jährige mit, „persönliche Gründe“ und der Wunsch nach mehr Privatleben. Freilich, Kreuzer wirkt schon länger körperlich angeschlagen, manch recht früher Termin entfiel, in den meisten Sitzungen trat er aber hellwach und bissig auf. Von Zeit zu Zeit pflegte er sein Image als gläubiger, kantiger Konservativer.

Im eigenen Stimmkreis gestürzt zu werden, wie es mehreren ergrauten CSUlern in diesen Wochen geschieht, hätte ihm nicht gedroht. Bis zum Ende der Legislaturperiode galt ihm auch der Fraktionsvorsitz als sicher – trotz der internen Kritiker, die sich mehr Präsenz und Außenwirkung der Fraktion wünschen, also auch mal Widerworte gegen Regierungschef Markus Söder. Die soll es zwar von Kreuzer ab und zu gegeben haben, aber immer hinter verschlossenen Türen. Wenn es ihm mit der Ergrünung gar zu bunt wurde zum Beispiel, oder in der Migrationspolitik.

Überhaupt ist Show-Radau nicht Kreuzers Sache. Den Medien-Mechanismen entzieht er sich. „Der nicht mit der Zeit geht“, überschrieb die „FAZ“ mal ein langes Porträt über den Juristen aus einer Bauernfamilie: einer, dessen Stimme durch viele rote Marlboros immer tiefer wurde, der sich nicht auf Fotos drängte und sein Privatleben (liiert mit einer Bundestagsabgeordneten) aus der Öffentlichkeit halbwegs raushält.

Allerdings lief es politisch die letzten Monate weniger glücklich. Die Fraktion rutschte in den schmutzigen Strudel der Maskendeals rund um ihren viel zu lange geduldeten Ex-Abgeordneten Alfred Sauter. Wegen dieser und anderer Affären oder auch wegen persönlicher Frustration traten seit 2020 drei Abgeordnete aus der Fraktion aus.

Nun wird wohl wieder geraunt werden über einen Umbau. Kreuzer möchte weitermachen, die Fraktion „mit voller Kraft ins Wahljahr führen“. Für sein Kabinett hatte Söder hingegen als Devise ausgegeben: Im Amt bleibt nur, wer 2023 wieder antritt. Söder allerdings hat formal keine Entscheidungsgewalt über die Frage, wer den gut 80 Abgeordneten vorsitzt – da hat er nur eine Stimme. Trotzdem hält er natürlich die Fäden in der Hand.

Interessenten für das gut dotierte Amt – Ministergehalt, 15 000 Euro aufwärts – gibt es einige. Dem Gesundheitsminister Klaus Holetschek, unter den Abgeordneten sehr beliebt, wird das nachgesagt. Auch er ist Schwabe und hätte seit Corona die nötige Medien-Erfahrung. Früher fielen mal die Namen der beiden Münchner Minister Markus Blume und Georg Eisenreich. In allen Fällen müsste dann aber eine Kabinettsumbildung folgen.

Im Optimalfall wäre es jemand, der zu Söder loyal, ihm aber nicht ergeben ist. Möglich, dass sich nach der Wahl mehr Kandidaten mit einem solchen Profil finden.  cd/mik

Artikel 1 von 11