Baerbock ermahnt Scholz: China ist unser Rivale

von Redaktion

Ungewöhnlich deutliche Ratschläge vor Peking-Kurztrip des Kanzlers – CSU: „Fataler Irrweg“

Berlin/München – Sollte es dem Kanzler noch an Ratschlägen vor seiner China-Reise diese Woche mangeln: Die staatliche Zeitung „Global Times“ hilft gerne weiter. Das Pekinger Blatt, stramm nationalistisch ausgerichtet, hat am Dienstag fürsorglich einige Ratschläge an Olaf Scholz veröffentlicht. „Um die Reise zu einem Erfolg zu machen, muss er sich auf pragmatische Kooperation konzentrieren und nicht auf Geopolitik – ungeachtet des Drucks radikaler westlicher Politiker und Medien“, heißt es darin.

Als Beispiele für „Geopolitik“ benennt die Zeitung die Forderung nach einer Öffnung des chinesischen Markts, nach Sanktionen gegen Russland oder Kritik an Menschenrechten. Die Staatszeitung warnt ausdrücklich vor offener Kritik an China. Druck durch „unfundierte Forderungen“ sei „rüde, anmaßend und inakzeptabel“.

Erbeten hat Scholz diese Nachhilfe nicht. Es sind nicht die einzigen Ratschläge, die wie Schläge auf ihn einprasseln. Die geplante Tour nach Peking am Freitag ist zwar spektakulär kurz, länger im Regierung-Flugzeug als im Gastland, aber der Wirbel vorab ist enorm. Weil Scholz der erste Regierungschef aus einem EU-Land seit 2019 ist, der die chinesische Hauptstadt besucht. Und weil die innenpolitische Debatte hierzulande eskaliert ist.

Begonnen hatte es mit dem Teilverkauf eines Hamburger Containerterminals an einen chinesischen Konzern, den Scholz gegen alle politischen Widerstände durchzudrücken gedenkt. Das sorgt nicht nur in der Opposition, sondern auch in der eigenen rot-grün-gelben Koalition für Kritik. Der schärfste Vorwurf an Scholz ist, Fehler der Russland-Politik nahtlos fortzusetzen: Sich wirtschaftlich an ein Land zu binden, das keine Demokratie ist – sich täuschen und blenden zu lassen.

Recht deutlich äußert das am Dienstag sogar Scholz’ eigene Außenministerin Annalena Baerbock. Die Grünen-Politikerin verlangt, der Kanzler müsse „die Botschaften, die wir gemeinsam festgelegt haben im Koalitionsvertrag, in China deutlich machen“. Es gehe um „faire Wettbewerbsbedingungen, die Frage von Menschenrechten und die Frage der Anerkennung des internationalen Rechts“. Baerbock warnt, „dass China auch Wettbewerber und in zunehmendem Maße systemischer Rivale ist“.

Scholz sei auf einem „fatalen Irrweg“, schreibt auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in einem Gastbeitrag der „Welt“. Das Prinzip „Frieden durch Handel“ sei auch mit Blick auf China vorerst gescheitert. Dobrindt mahnt, Europa müsse viel stärker selbst in Schlüsselbereichen die Technologieführerschaft übernehmen, etwa bei Energie, smarten Mikroprozessoren, Chips und Halbleitern. „Es braucht mehr Bereitschaft für ein Raus aus der Risikogesellschaft und ein Hin zur Resilienzgesellschaft, hin zu stärkerer Souveränität.“

CDU-Chef Friedrich Merz forderte Scholz bereits am Wochenende mit spöttischem Unterton auf, bei seinem China-Besuch die Vorgänger des aktuellen Staatschefs Xi zu treffen, um nachzusehen, ob diese noch am Leben gelassen worden seien. Auch aus der Wirtschaft kommt der Rat an Scholz, nicht zu kuschelig aufzutreten. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) appellierte an den SPD-Politiker, einseitige deutsche Abhängigkeiten zu verringern.

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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