Lula siegt, sein Gegner respektiert es

von Redaktion

VON DENNIS DÜTTMANN

Brasilia – Nach seiner Niederlage bei der Präsidentenwahl in Brasilien ist Staatschef Jair Bolsonaro abgetaucht. Bis zum Dienstag zeigte sich der amtierende Präsident weder in der Öffentlichkeit, noch äußerte er sich zu dem knappen Wahlsieg seines Herausforderers Luiz Inácio Lula da Silva. Dienstagabend tauchte Bolsonaro dann aber doch auf. Er wolle nach seiner Niederlage in der Präsidentschaftswahl die Verfassung „respektieren“, kündigte Bolsonaro bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in der Hauptstadt Brasília an. Doch seine Niederlage gestand er dabei nicht explizit ein.

Bei der Stichwahl am Sonntag hatte Lula 50,9 Prozent der Stimmen erhalten, der radikal rechte Amtsinhaber kam nach Angaben des Wahlamtes auf 49,1 Prozent. Bolsonaro hatte bereits vor der Abstimmung immer wieder Zweifel am Wahlsystem gestreut und angedeutet, das Ergebnis möglicherweise nicht anzuerkennen.

Allerdings zeichnete sich mit der Zeit immer stärker ab, dass Bolsonaro wohl kaum Erfolg hätte, würde er das Ergebnis jetzt noch infrage stellen. Viele seiner Verbündeten, darunter der mächtige Parlamentspräsident Artur Lira, erkannten Bolsonaros Niederlage bereits an. Auch zahlreiche Regierungen im Ausland sahen den Wahlausgang schon als Tatsache an: Fast 90 Regierungen gratulierten Lula zu seinem Wahlsieg, wie das Nachrichtenportal UOL berichtete.

Argentiniens Präsident Alberto Fernández reiste sogar gleich am Montag in das Nachbarland, um Lula persönlich zu beglückwünschen. Die beiden Männer trafen sich in einem Hotel in São Paulo und umarmten sich, wie am Montag in einem von Fernández auf Twitter veröffentlichten Video zu sehen war. „Meine ganze Liebe, Bewunderung und Achtung, lieber Genosse“, schrieb der argentinische Staatschef.

Der Präsident des Obersten Wahlgerichts, Alexandre de Moraes, hatte sowohl Lula als auch Bolsonaro bereits in der Wahlnacht telefonisch über das Ergebnis informiert. „Das Ergebnis wurde verkündet und akzeptiert“, sagte Moraes. Die Gewählten würden ihre Ämter am 1. Januar antreten. Die Beobachtermission der Interamerikanischen Union der Wahlbehörden nannte die Wahlen frei, fair und transparent und fand keine Hinweise auf Manipulation.

Zwar blieb die befürchtete Gewalt durch Anhänger von Bolsonaro zunächst aus, allerdings blockierten Fernfahrer im ganzen Land hunderte Straßen, um gegen den Wahlsieg Lulas zu protestieren. Wahlgerichtspräsident Moraes wies die Polizei daraufhin an, die Blockaden zu beenden und Geldstrafen gegen die Verantwortlichen zu verhängen. Bolsonaro forderte die Demonstranten am Dienstag zum Verzicht auf Gewalt auf. Die Proteste müssten „friedlich“ sein, mahnte er.

Während sich Bolsonaro zwei Tage in Schweigen hüllte, äußerte sich sein Sohn Flavio bei Twitter. „Danke an alle, die uns geholfen haben, den Patriotismus zu retten, die gebetet haben, auf die Straße gegangen sind, ihren Schweiß für das Land gegeben haben. Erheben wir unsere Häupter und geben wir unser Brasilien nicht auf“, schrieb der Senator. „Papa, ich stehe hinter dir.“

Lulas Team bereitete sich unterdessen bereits auf einen Regierungswechsel vor. „Ich hoffe, dass zum Wohle Brasiliens und des brasilianischen Volkes Normalität Einzug halten wird. Wenn der Präsident, wenn Jair Bolsonaro nicht teilnehmen möchte, okay“, sagte die Vorsitzende von Lulas Arbeiterpartei (PT) und Leiterin der Wahlkampagne, Gleisi Hoffmann, im Fernsehsender Globo News.

Auf der Arbeitsebene gab es erste Kontakte. Bolsonaros Stabschef Ciro Nogueira sagte im Anschluss des ersten öffentlichen Auftritts, der Präsident habe die Amtsübergabe an Wahlsieger Luiz Inácio Lula da Silva „autorisiert“. Zuvor telefonierte Lulas künftiger Vize-Präsident Geraldo Alckmin mit Bolsonaros Stellvertreter Hamilton Mourão.

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