Darum geht es bei den „Midterms“

von Redaktion

Am Dienstag entscheiden die Menschen in den USA neu über die Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus

Washington – Es sind die wichtigsten Wahlen einer Generation – mit dieser Formel beschwören US-Politiker zwar immer ihr Volk, aber dieses Mal deutet vieles darauf hin, dass es stimmt. Die Stimmung in den Vereinigten Staaten ist aufgeheizt, das Interesse an den „Midterms“ genannten Zwischenwahlen ungewöhnlich groß.

Die bedeutendsten Entscheidungen fallen am Dienstag zu den beiden Kammern des US-Kongresses. Die Wählerinnen und Wähler entscheiden über 35 der 100 Sitze im Senat und über alle 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus. Jeder der 50 US-Bundesstaaten stellt zwei US-Senatoren. Ihre Amtszeit dauert sechs Jahre – alle zwei Jahre wird rund ein Drittel von ihnen neu gewählt. Das Repräsentantenhaus wird dagegen alle zwei Jahre komplett neu bestimmt. Hier stellen die Bundesstaaten Abgeordnete gemäß ihrer Bevölkerungszahl.

Darüber hinaus gibt es Tausende weitere Abstimmungen. In 36 Staaten werden neue Gouverneure bestimmt. Es ist das mächtigste Amt in einem Bundesstaat, vergleichbar mit dem eines Ministerpräsidenten in Deutschland. In vielen Staaten werden zudem die eigenen Kongresse und einige andere Posten neu bestimmt – bis hinunter zur Sheriffs und Schulbeiräten, die vor Ort auch jeweils großen Einfluss auf Strafverfolgung oder Unterrichtsstoff haben können.

Zur Wahl stehen auch viele Secretaries of State, zu deren Aufgabe oft die Wahlleitung gehört. Einige Republikaner, die dabei zur Wahl stehen, vertreten die unbelegte Ansicht, dass Donald Trump die Präsidentschaftswahl 2020 gewonnen habe. Manche von ihnen wollen Gesetze etablieren, mit denen sich Wahlleitungen über die Auszählungsergebnisse hinwegsetzen könnten. Viele Demokraten fürchten deshalb bei den „Midterms“ auch ein Aushöhlen der freien Wahlen.

Große Hoffnungen setzen die Demokraten darauf, den Senat zu halten. Derzeit besetzen sie dort 48 der 100 Sitze, zwei Unabhängige stimmen nahezu immer mit ihnen. Bei Gleichstand entscheidet die Vizepräsidentin – aktuell ist das die Demokratin Kamala Harris. Bei dieser Konstellation können es sich die Demokraten nicht leisten, auch nur einen Sitz an die Republikaner zu verlieren.

Im House of Representatives haben die Republikaner deutlich bessere Chancen, ihren derzeitigen Rückstand von 212 zu 220 Abgeordneten zu ihren Gunsten zu drehen. Nach einem Zwischenhoch der Demokraten haben die Konservativen inzwischen in Umfragen wieder deutlich bessere Karten. Deren Qualität ist jedoch in den USA nicht durchgängig hoch. Immer wieder trafen Institute falsche Annahmen dazu, wer am Wahltag eine Stimme abgibt. Auffällig ist auch eine hohe Unzufriedenheit mit Präsident Joe Biden. Laut einem Durchschnitt aus den jüngsten Umfragen der Statistikseite „Fivethirtyeight“ befürworten nur knapp 42 Prozent der US-Amerikaner seine Politik, 53 Prozent lehnen sie ab – bei früheren Midterms waren solche Umfragewerte oft ein zuverlässiger Hinweis auf das Abschneiden der Regierungspartei.

Zur Gesetzgebung braucht es in den USA sowohl Senat als auch Repräsentantenhaus. Die Mehrheit in der kleineren Kammer des Kongresses ist aber trotzdem wichtig, denn der Senat allein entscheidet über die Ernennung von Bundesrichtern und damit über weitere Kandidaten für den derzeit extrem konservativ besetzten Obersten Gerichtshof.

CHRISTIAN FAHRENBACH

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