Der Freistaat setzt auf Wasserstoff

von Redaktion

VON MIKE SCHIER

München – Der Ton hat sich gewandelt: Es gab schon Tage in dieser kriegsbedingten Energiekrise, da warnte Markus Söder vor „Massenarbeitslosigkeit, sozialem Abstieg und demokratischen Verwerfungen“. Doch am Sonntagnachmittag steht Söder nach der Klausur seines Kabinetts in München vor den Kameras und bemüht sich um ein deutlich optimistischeres Bild: Bayern werde besser als andere durch die Krise kommen, weil mehr Kraft, Rücklagen und Substanz vorhanden seien.

Ein Jahr vor der Landtagswahl, zu der CSU und Freie Wähler mit dem klaren Bekenntnis zueinander antreten, will die Koalition Tatkraft und Harmonie beweisen. Der Staat als Kümmerer, schließlich ist Politik auch Psychologie. Botschaft eins: Dort, wo die Schutzschirme des Bundes noch Löcher haben, stellt der Freistaat 1,5 Milliarden für einen Härtefallfonds bereit. Privatpersonen oder kleinere Unternehmen wie Handwerksbetriebe sollen – wie schon bei Corona – staatliche Hilfen bekommen, falls ihre Situation existenzbedrohend wird.

Anders als beim Bund werden dabei nicht nur hohe Gaskosten berücksichtigt, sondern auch Benutzer von Öl und Energieholz entlastet. „Gerade in den ländlichen Räumen sind Öl und Pellets eine ganz wichtige Heizart“, sagt Söder. Unterstützt werden sollen auch Einrichtungen wie Krankenhäuser, in der Pflege, im Sozialbereich, in der Kultur sowie im Sport. Die Vereinspauschale wird dazu bereits jetzt für 2023 verdoppelt.

Organisiert werden sollen die Hilfen – wie schon bei Corona – über Sozial- und Wirtschaftsministerium mithilfe der Kammern. Das Problem: Bis viele Hilfen ausgezahlt werden können, dürfte es Januar werden. Frühestens. Schließlich springt Bayern da ein, wo der Bund Lücken lässt. Bis die aber offensichtlich werden, müssen erst einmal die Details aus Berlin bekannt sein. Während Söder sich mit Kritik an der Ampel diesmal zurückhält, schimpft Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ausführlich über das langsame Tempo in Berlin.

Das Energie- und Klimapaket, das das Kabinett parallel verabschiedet, trägt übrigens eher die Handschrift Aiwangers, der Wasserstoff schon seit Langem zu seinem Thema gemacht hat. Hier investiert Bayern vor allem in die Infrastruktur, insbesondere in den Regionen Ingolstadt und Burghausen. Finanzieren will man das, indem der Freistaat seine letzten Eon-Anteile verkauft – rund 250 Millionen Euro. Außerdem sollen 50 kleine Wasserstoffkraftwerke sowie Wasserstoff-Tankstellen gebaut werden. Auch der Ausbau von E-Ladesäulen wird forciert. Insgesamt hat das Paket ein Volumen von 500 Millionen Euro.

Tempo machen will die Koalition zudem beim Ausbau von Wind und Solar. Inzwischen gebe es eine Fülle von Investitionswünschen, sagt Söder und schiebt etwas flapsig nach: „Ich formuliere es mal so: Da geht echt was ab.“ Aiwanger spricht von 200 Windrädern – plus denen, die in den Staatswäldern entstehen sollen. Das Problem: Die Genehmigungsverfahren ziehen sich. Deshalb stehen im Haushalt nun 100 neue Stellen. „Problemlöser“ und „Energiekümmerer“ nennt Söder die Mitarbeiter, die die Verfahren für die von der CSU lange blockierte Windkraft jetzt beschleunigen sollen. Tempo machen will man auch beim zögerlichen Bau von Solaranlagen auf den Dächern staatlicher Gebäude.

Eine kleine Spitze Richtung Berlin kann sich Söder dann doch nicht verkneifen. Das bayerische Paket sei „anders als beim Bund solide finanziert aus dem regulären Haushalt“ – ohne Sondervermögen und Tricks. Erst auf Nachfrage muss allerdings auch er einräumen, dass der Freistaat dazu rund drei Milliarden Euro aus den Rücklagen entnimmt. Aber so ist das in Krisenzeiten nun einmal.

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