Frankfurt wählt Feldmann ab

von Redaktion

Frankfurt – Die Stadt Frankfurt am Main hat sich bei einem Bürgerentscheid am Sonntag mit großer Mehrheit gegen ihren umstrittenen Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) gestellt. Nach Auszählung fast aller Stimmen wählten die Frankfurter den 64-Jährigen mit rund 95 Prozent aus dem Amt, teilte die Wahlbehörde am Abend mit. Zudem wurde das vorgeschriebene Quorum von mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten erreicht, die für die Abwahl stimmen mussten. Diese Hürde gilt als hoch. Insgesamt 508 182 Menschen waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Damit die 30-Prozent-Hürde erreicht wird, mussten mindestens 152 455 von ihnen teilnehmen und auch für die Abwahl stimmen. 104 317 Menschen stimmten per Brief ab, die Rücklaufquote betrug 91 Prozent.

„Das Ergebnis ist nicht wie gewünscht“, sagte der frisch aus der Corona-Quarantäne entlassene Feldmann in einer ersten Reaktion im Frankfurter Römer. Er wolle sich künftig als „einfacher Frankfurter Bürger“ an politischen Debatten in der Stadt beteiligen. Sein Sprecher kündigte eine Pressekonferenz für Montagnachmittag an. Der Wahlausschuss wird das endgültige Ergebnis am Freitag feststellen. Mit Ablauf des selben Tages scheidet der 64-Jährige aus dem Amt aus.

Feldmann steht seit Monaten wegen seiner Rolle in der Affäre um überhöhte Gehälter bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in der Kritik. Seit Oktober muss er sich in einem Prozess vor dem Landgericht wegen des Vorwurfs der Vorteilsannahme verantworten. Im März erhob die Staatsanwaltschaft Anklage. Demnach soll Feldmanns frühere Lebensgefährtin und spätere Ehefrau als Leiterin einer deutsch-türkischen Kita zu viel Geld und einen Dienstwagen erhalten haben. Die Vorwürfe wies Feldmann stets zurück. In einer von seinem Anwalt vor Gericht verlesenen Einlassung erklärte er, von den Vertragsdetails seiner späteren Ehefrau nichts gewusst zu haben.

Doch auch nach der Anklageerhebung sorgte Feldmann selbst mit seinen öffentlichen Auftritten für reichlich weitere Kritik. Es folgten Vorwürfe wegen sexistischer Äußerungen bei einem Flug ins spanische Sevilla zum Finale des Fußballbundesligisten Eintracht Frankfurt in der Europa League im Mai sowie wegen seines als anmaßend empfundenen Verhaltens bei der anschließenden Siegesfeier der Eintracht.

Zudem sagte er in der von seinem Anwalt verlesenen Einlassung vor Gericht aus, dass er seine Frau nur wegen einer ungeplanten Schwangerschaft geheiratet habe. Er habe eigentlich eine Abtreibung der heute sechsjährigen Tochter gewollt. Für diese Äußerung und für die beiden Vorfälle im Fußballzusammenhang entschuldigte er sich inzwischen.

Politisch hatte Feldmann in Frankfurt kaum noch Rückhalt. Angesichts der Affären und Fehltritte stellte sich im Sommer sogar seine eigene Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt gegen ihn. Im Juni wurde ein von der Koalition eingebrachter Misstrauensantrag in der Stadtverordnetenversammlung angenommen, im Juli wählte ihn das Gremium mit breiter Mehrheit ab. Eine einwöchige Frist, die Entscheidung zu akzeptieren und den Bürgerentscheid zu verhindern, ließ er verstreichen. Feldmann war seit 2012 Oberbürgermeister von Frankfurt.  afp

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