München/Scharm el Scheich – Bevor Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montagabend bei der Weltklimakonferenz ans Mikrofon tritt, hat UN-Generalsekretär António Guterres bereits ein rhetorisches Ausrufezeichen gesetzt. „Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle – mit dem Fuß auf dem Gaspedal“, warnte der Portugiese vor den Folgen der Erderhitzung. „Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens – und sind dabei zu verlieren“, lautet seine Einschätzung.
Scholz ist hingegen bekanntlich eher der nüchterne Typ – auch als Redner. Guterres düsteres Pathos ist ihm fremd. Stattdessen warnt der Kanzler – als er mit mehrstündiger Verspätung am frühen Abend endlich an der Reihe ist – vor einer „Renaissance der fossilen Energien“ wie Öl, Gas und Kohle. „Für Deutschland sage ich: Es wird sie nicht geben.“ Das gelte auch, wenn die Bundesregierung wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine vorübergehend wieder Kohlekraftwerke ans Netz habe nehmen müssen. Die Umstellung auf erneuerbare Energien sei „nicht nur ein Gebot vorausschauender Klima-, Wirtschafts- und Umweltpolitik, sondern auch ein sicherheitspolitischer Imperativ“, betont der Kanzler. „Wir werden aus den fossilen Brennstoffen aussteigen, ohne Wenn und Aber.“
Scholz bekräftigt das Ziel, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral werden soll. Das bedeutet, dass der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen vollständig durch deren Aufnahme etwa in Böden, Wäldern oder Ozeanen ausgeglichen wird.
Bis Ende kommender Woche beraten in Ägypten Vertreter von rund 200 Staaten darüber, wie die Erderwärmung auf ein noch erträgliches Maß eingedämmt werden kann. Die Zeit drängt: Schon jetzt hat sich die Welt um etwa 1,1 Grad zur Zeit vor der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert aufgeheizt – Deutschland sogar noch deutlich stärker.
Und natürlich geht es am Roten Meer auch um Geld. Die Entwicklungsländer hoffen darauf, Entschädigungszahlungen dafür durchsetzen zu können, dass sie unter Klimaveränderungen leiden, die Industrieländer verschuldet hätten.
Diese Staaten forderten „zu Recht“ mehr internationale Solidarität, sagt auch der Kanzler. Und womöglich um ein bisschen den Druck aus der Diskussion zu nehmen, stellt Scholz schon zu Beginn der Konferenz mehr finanzielle Anstrengungen in Aussicht. Er sagt eine Verdoppelung der deutschen Mittel für den weltweiten Schutz der Wälder von einer auf zwei Milliarden Euro zu. Das Geld soll vor allem für den Schutz des Regenwaldes im zentralafrikanischen Kongobecken oder im südafrikanischen Amazonasgebiet verwendet werden.
Zudem werde Deutschland für einen globalen Schutzschirm zur Abfederung der Schäden bei Klimakatastrophen wie Dürren, Wirbelstürmen oder Fluten 170 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Diese Mittel sollen besonders stark vom Klimawandel betroffenen Ländern zugute kommen. Dazu werden nach Angaben der Bundesregierung inzwischen 57 Länder gezählt. Beide Programme werden Scholz zufolge aus den jährlichen Mitteln für den Kampf gegen den Klimawandel finanziert, die bis 2025 von 5,3 auf sechs Milliarden Euro aufgestockt werden sollen.
Und dann gibt es – zumindest für Kanzlerverhältnisse – doch noch ein klein wenig Pathos. Die angestrebte Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad bezeichnet Scholz als „zentrale Aufgabe unserer Zeit“. Dafür müssten sich die Konferenzteilnehmer „auf ein robustes Arbeitsprogramm zur Emissionsminderung verständigen“, fordert Scholz. Es gelte, „die bislang klaffende Umsetzungslücke“ zu schließen. „Nur dann schaffen wir es, den globalen Höhepunkt der Treibhausgasemissionen spätestens 2025 hinter uns zu lassen und die Emissionen bis 2030 nahezu zu halbieren“, sagt der Bundeskanzler.