Ergebnis der US-Wahlen

Blaues Auge statt rote Welle

von Redaktion

VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

Die Lehren der Geschichte haben Bestand: Traditionell hat die Partei des amtierenden US-Präsidenten fast immer bei den Zwischenwahlen – den „midterms“ – teilweise deutlich verloren. Selbst unter Barack Obama schafften es die Demokraten 2010 und 2014 nicht, die Mehrheit auf dem Kapitol zu verteidigen. 2014 verspielte Obama sogar das Sagen im Senat. Dass Biden nach jetzigem Stand der Auszählungen vermutlich „nur“ knapp das Repräsentantenhaus an die Republikaner abgeben muss, aber die Senatsmehrheit (durch die Stimme von Vize Kamala Harris) verteidigen könnte, darf der 79-Jährige als Erfolg für sich werten. Es hätte – wenn es nicht bei Nachzählungen oder Nachwahlen doch noch eine Wende gibt – für das Weiße Haus deutlich schlimmer kommen können. Die von Demokraten befürchtete „rote Welle“ blieb in der Wahlnacht aus. Bislang ist Biden mit einem blauen Auge davon gekommen, auch wenn künftig die Macht in Washington geteilt sein dürfte.

Geschadet hat dem Präsidenten und seinen Parteifreunden allerdings, dass sie die umstrittene These ins Zentrums ihres Wahlkampfs rückten, in diesem Jahr stünde Amerikas Demokratie auf dem Spiel. Das wirkte angesichts anderer deutlich spürbarer Herausforderungen – von massiver Inflation über illegale Einwanderung bis zu explodierender Kriminalität in den großen Metropolen – wie ein überzogenes und auch noch schlecht begründetes Ablenkungsmanöver. Irgendwie hatte Biden nie seine Prioritäten richtig und beschränkte sich im Wesentlichen auf Beschimpfungen des politischen Gegners. Mit dem muss er nun künftig Kompromisse finden.

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