Erfreuliche Renten-Überraschung

von Redaktion

VON SEBASTIAN HORSCH

Würzburg – Gute Nachrichten sind ja eher selten geworden. Gestern gab es allerdings mal wieder eine – und das auch noch von unerwarteter Adresse: Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) verkündete in Würzburg ihre Zahlen. Und siehe da: Man verzeichnet ein überraschendes Finanz-Plus. Insgesamt erwartet die Rentenversicherung in diesem Jahr Einnahmen von 356,8 Milliarden Euro und Ausgaben von 354,7 Milliarden Euro. Das heißt: Es bleibt ein Überschuss von 2,1 Milliarden Euro.

„Wie sich die Situation verbessert hat, erkennt man daran, dass wir vor einem Jahr für 2022 noch mit einem Defizit von rund 6,6 Milliarden Euro gerechnet haben“, sagt Anja Piel, die für die Arbeitnehmerseite im Bundesvorstand der DRV sitzt. In der Folge steigt die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage nun voraussichtlich um 2,6 Milliarden Euro auf 41,7 Milliarden Euro an. „Letzteres ist scheinbar eine gewaltige Zahl mit elf Stellen vor dem Komma“, sagt Piel. Stelle man sie aber in Relation zu den Ausgaben, reiche sie gerade einmal aus, um sieben Wochen zu überbrücken. Ohnehin ist diese Rücklage aber nicht als Notgroschen gedacht, sondern dazu, mögliche unterjährige Schwankungen auszugleichen. Trotzdem: In absoluten Zahlen ist der Wert Rekord.

Doch woher kommt der unerwartete Überschuss? Selbst bei der Rentenversicherung wirkt man von dieser Entwicklung überrascht. „Natürlich freuen wir uns, dass sich das vergleichsweise günstiger entwickelt hat als letztes Jahr vorhergesagt“, sagt Piel. Die Gründe sehen sie und Alexander Gunkel, der Arbeitgeber-Vertreter im Vorstand, vor allem darin, dass die Wirtschaft zuletzt wieder angezogen habe. Die Lohnsteigerungen seien „recht erheblich“ gewesen. Auch hätten Regelungen wie das Kurzarbeitergeld die Einnahmen in der Krise stabilisiert, weil für Arbeitnehmer, die deshalb nicht entlassen wurden, weiter Beiträge flossen. Dazu komme eine stärkere Zuwanderung.

Auch in den beiden kommenden Jahren ist mit weiter hohen Einnahmen zu rechnen, wenn man der Einschätzung der Bundesregierung glauben will, die von durchschnittlichen Lohnsteigerungen von etwa fünf Prozent pro Arbeitnehmer jährlich ausgeht. Ab 2025 wird dann ein durchschnittliches Wachstum von um drei Prozent angenommen.

Zudem zeichnet sich laut Gunkel ab, dass die Lebenserwartung gar nicht so stark steige wie einmal angenommen. Dahinter steht wohl auch die in der Corona-Pandemie erhöhte Sterblichkeit. Was zunächst wahrlich kein Grund zur Freude ist, bedeutet für die Rentenversicherung ein Minus bei den Ausgabenerwartungen.

Wie es allerdings ab 2026 mit den Finanzen weitergeht, wenn der demografische Wandel allmählich Fahrt aufnimmt und erstmals die Zahl der Rentner stärker steigt als die der Rentenzahler, darauf will sich bei der Rentenversicherung heute noch niemand festlegen. „Die Unsicherheiten sind in dieser wirtschaftlichen Phase so groß wie in wenigen Jahren zuvor“, sagt Gunkel. Das gilt nicht nur für den konjunkturellen Ausblick. Über allem schwebt auch noch das von der Ampel-Koalition geplante Rentenpaket II, das womöglich schon im kommenden Jahr in die Umsetzung gehen könnte. Neben der Einführung der kapitalgedeckten Aktienrente ist auf Initiative der SPD vorgesehen, die derzeit bis 2025 festgeschriebene Haltelinie von 48 Prozent beim Rentenniveau dauerhaft festzuschreiben. Kommt es so, müssten 2026 voraussichtlich wohl erstmals die Rentenbeiträge angehoben werden. Derzeit liegen sie bei 18,6 Prozent, wovon die Hälfte der Arbeitgeber trägt.

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