Türkei bombardiert Kurden

Erdogan kämpft um die Macht

von Redaktion

MARCUS MÄCKLER

Da ist er wieder, der Erdogan, den wir alle kennen. Durch seine Rolle als Kontaktmann zwischen Moskau und Kiew hatte er sich ein wenig internationalen Respekt (zurück) erworben, doch das Kapitel scheint schon wieder geschlossen. Nun lässt er, auf Basis einer noch unbewiesenen Behauptung, kurdische Stellungen in Syrien und im Irak bombardieren und droht mit Bodentruppen. Dass er seit Langem den Wunsch hegt, die „Kurdenfrage“ in seinem Sinne zu klären, ist bekannt. Im Sommer pfiff ihn noch Russlands Präsident Putin zurück, der jetzt ganz andere Sorgen hat. Offenbar glaubt Erdogan, den Konflikt nun, inmitten großer Krisen, ungestraft eskalieren zu können.

Einmal mehr düpiert er so Nato-Partner wie die USA, die die angegriffenen Kurdenmilizen als Verbündete betrachten. Er ist sich nicht mal zu schade für den Versuch, Schweden zur Auslieferung von PKK-Sympathisanten zu drängen – als Preis für ein türkisches Ja zum Nato-Beitritt Stockholms. Die Unverfrorenheit ist innenpolitisch motiviert. Im beginnenden Wahlkampf stehen Erdogan und seine AKP nicht gut da, Wirtschaftskrise und Inflation lassen ihn den Machtverlust fürchten. Darum markiert er Stärke im Äußeren; ähnlich wie das Regime im Iran, das – unter noch größerem innerem Druck – ebenfalls kurdische Stellungen angreift. Dass es ihnen an einer Lobby fehlt, ist die Tragik der Kurden. Und der Trumpf Erdogans.

Marcus.Maeckler@ovb.net

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