Homoehe und erneute Heirat kein Kündigungsgrund

von Redaktion

Katholische Kirche ändert ihr Arbeitsrecht – Caritas spricht von „Paradigmenwechsel“

München – Das Zittern und die Existenzangst von Mitarbeitern in der katholischen Kirche, die nach einer Scheidung mit einem neuen Partner zusammenleben oder in einer homosexuellen Partnerschaft verbunden sind, gehören nun auch juristisch der Vergangenheit an. Gestern haben sich die katholischen Bischöfe auf den Entwurf eines neuen kirchlichen Arbeitsrechts verständigt. Es gilt für rund 800 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Bistümern, Pfarrgemeinden, Schulen, Kitas, Kliniken und Sozialeinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft sowie in der Caritas. Im Erzbistum München und Freising sind es über 25 000 Menschen. Sie müssen wegen ihrer persönlichen Lebensführung nun nicht mehr mit einer Kündigung rechnen.

„Der Kernbereich privater Lebensgestaltung unterliegt keinen rechtlichen Bewertungen und entzieht sich dem Zugriff des Dienstgebers“, heißt es in einer Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz. „Diese rechtlich unantastbare Zone erfasst insbesondere das Beziehungsleben und die Intimsphäre“, wird ausdrücklich ausgeführt. Alle Mitarbeitenden könnten „unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihres Alters, ihrer Behinderung, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform Repräsentantinnen und Repräsentanten der unbedingten Liebe Gottes und damit einer den Menschen dienenden Kirche sein“, heißt es in Artikel 3 der neuen Grundordnung. Vorausgesetzt würden allerdings eine positive Grundhaltung und Offenheit gegenüber der Botschaft des Evangeliums und die Bereitschaft, den christlichen Charakter der Einrichtung zu achten sowie im eigenen Aufgabengebiet zur Geltung zu bringen. Wie der Pressesprecher des Münchner Erzbistums, Bernhard Kellner, betont, sei in der Erzdiözese schon seit Jahren niemand mehr wegen seiner Lebensführung entlassen worden.

Der Austritt aus der katholischen Kirche bleibt indes – abgesehen von Ausnahmefällen mit „schwerwiegenden Gründen“ – ein Einstellungshindernis und ein Kündigungsgrund. Auch wer sich öffentlich kirchenfeindlich äußert – als Beispiel werden die Propagierung von Abtreibung oder Fremdenhass genannt – kann nicht eingestellt oder weiterbeschäftigt werden.

Der Caritasverband reagierte mit Erleichterung auf die geplante Veränderung der kirchlichen Grundordnung und bezeichnete das als „Paradigmenwechsel“. Die Reform sei „dringend überfällig“, so Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. Als Caritas wolle man zeigen, dass „alle Menschen guten Willens eingeladen sind, mit uns zusammen Caritas zu sein – unabhängig von Alter und Geschlecht, von Hautfarbe und sexueller Identität“.

Im kirchlichen Umfeld sind zahlreiche Fälle von versteckten Lebensgemeinschaften bekannt. Von Mitarbeitern, die zur Verschleierung ihrer persönlichen Lebensverhältnisse über verschiedene Telefonnummern verfügen. Die Grundordnung muss nun in den einzelnen Bistümern in diözesanes Recht umgewandelt werden. Im Erzbistum München und Freising soll das zeitnah erfolgen. Es ist die Rede von Anfang 2023. Im Vatikan allerdings wird die Neuordnung kritisch gesehen. Sie gehe zu weit. CLAUDIA MÖLLERS

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