Berlin – Beamten-Zoff in der Union: Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Carsten Linnemann erneuert seine Forderung nach einer drastischen Beschneidung des Beamtenapparats. Von Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach kommt scharfe Kritik.
Linnemann sagte am Sonntag, allein von 2012 bis 2021 seien die Personalausgaben des Bundes laut Steuerzahlerbund um 9 auf 36 Milliarden gestiegen. „Und es ist die Politik selbst, die mit schlechtem Beispiel vorangeht. Wir haben mittlerweile so viele Minister, Staatssekretäre und Regierungsbeauftragte wie nie zuvor. Die Beamtenapparate in den Ministerien werden immer weiter aufgebläht.“ Linnemann plädierte dafür, nur noch in sicherheitsrelevanten und hoheitlichen Bereichen zu verbeamten. „Sicherheitsbehörden, Justiz, Finanzverwaltung und Bundeswehr. Hier existiert fraglos ein besonderes Treueverhältnis zum Staat.“ Die Schweiz verfahre schon so. „Mir ist nicht bekannt, dass die Verwaltung und die öffentlichen Dienstleistungen in der Schweiz schlechter laufen. Im Gegenteil.“ Es gebe auch keinen vernünftigen Grund, warum Politiker Pensionen bekämen und nicht selbst für ihr Alter vorsorgten.
Linnemanns Thesen finden sich in einem Buch wieder, das er auf den Markt bringt. Beamtenbund-Chef Silberbach, selbst CDU-Mitglied, beklagt deshalb „Beamtenbashing zur Buchvermarktung“. Er sagte: „Wenn uns die Krisen der letzten Jahre eins gelehrt haben, dann, dass wir den öffentlichen Dienst stärken müssen, nicht demolieren.“ Es gebe zwar tatsächlich große Probleme in Deutschland. Silberbach zählte dazu Fachkräftemangel, Überalterung und einen „Verfall der öffentlichen Infrastruktur“. Doch er kritisierte: „Alles, was diesen ,Reformern‘ einfällt, ist Lehrer-Entbeamtung und Stellenabbau.“ Die Union sei lange Zeit Garant für einen starken öffentlichen Dienst gewesen. Jetzt scheine es ihr darum zu gehen, den Berufsnachwuchs abzuschrecken.
Auch Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) geht auf Distanz zu Linnemann. „Bayern ist auch wegen seines Berufsbeamtentums höchst erfolgreich – zum Beispiel im Bereich Bildung und Wissenschaft.“ Auch während der Corona-Krise habe man erlebt, wie wichtig Beamte für einen funktionierenden Staat seien. Füracker sagte unserer Zeitung, Bayern stehe „ohne Wenn und Aber“ zum Berufsbeamtentum. Effektiver zu entbürokratisieren sei Aufgabe der Politik.
Der Streit und die Aufmerksamkeit dürften Silberbach nicht ungelegen kommen. Vor dem gestern gestarteten dbb-Gewerkschaftstag war eine Kampfkandidatur gegen ihn bekannt geworden. Der Vorsitzende des Deutschen und des Bayerische Realschullehrerverbands, Jürgen Böhm, kandidiert ebenfalls für den Vorsitz. Silberbach steht seit 2017 an der Verbandsspitze. Der Beamtenbund, Dachverband von Gewerkschaften vorwiegend des öffentlichen Dienstes, hat 1,3 Millionen Mitglieder. Er versammelt Tarifbeschäftigte und Beamte in seinen Reihen. cd/dpa