Ukrainische Flüchtlinge

Die Solidarität ist in Gefahr

von Redaktion

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

In diesem tristen, bitteren Jahr gab es einen strahlenden Lichtblick: die Hilfsbereitschaft, mit der hunderttausende Bundesbürger ihre Wohnungen, ihre Gästezimmer und, ja, oft auch ihre Herzen geöffnet haben für ukrainische Kriegsflüchtlinge. Was für eine wunderbare Gemeinschaftsleistung! Das darf nicht untergehen in der intensiven Debatte, ob und welche Panzer Deutschland nun an wen liefert oder nicht. In der Gesamtbilanz, wie unser Land den schuldlos geschundenen Ukrainern hilft, ist die Aufnahme der Flüchtlinge ein riesiger Faktor.

Trotzdem schleicht sich gerade die Gefahr ein, dass diese Hilfsbereitschaft erodiert. Aus mehreren Gründen: Vielerorts hat es schlecht funktioniert, die Anschluss-Unterbringung nach einigen Wochen (oft Monaten) zu regeln. Weil manchmal Behörden zu trödelig waren, weil in Regionen wie München aber auch Wohnraum ohnehin extrem knapp ist. Energiekrise und Inflation kommen hinzu, Sorgen auch der Deutschen vor galoppierenden Ausgaben für Heizen und Leben. Die Zahl der Migranten aus anderen Regionen stiegt, die Differenzierung zwischen Verfolgten und Wirtschaftsflüchtlingen klappt da nicht. Und leider ist auch die Quote der Ukrainer, die Arbeit gefunden haben – geschätzt ein Fünftel – nicht hoch genug.

Experten sagen, die Zahl der Ukraine-Flüchtlinge könne wieder steigen im Winter, ausgelöst durch Russlands Bombenterror auf zivile Ziele. Es wird noch mal ein Kraftakt in diesem Winter, dass unsere Solidarität die absehbaren Neiddebatten, aber auch berechtigte Fragen nach einer regionalen Verteilung schadlos übersteht.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

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