Krieg ist immer verbrecherisch – und trotzdem ist es richtig, besonders exzessive Gewalt in Tribunalen wie zu den Jugoslawien-Kriegen oder zu den Ruanda-Massakern aufzuarbeiten. Denn inmitten all der Grausamkeiten gibt es tatsächlich noch Abstufungen – und die Botschaft, die von den Haager Tribunalen ausgeht, dass selbst im Krieg nicht alles erlaubt ist, ist wichtig.
Deshalb ist es richtig, Verbrechen im leider noch lange nicht endenden Ukraine-Krieg zu dokumentieren – dazu gehören die jüngst bekannt gewordenen Erschießungen von russischen Kriegsgefangenen durch Ukrainer. Die viel zahlreicheren, gut belegten russischen Kriegsverbrechen will der ukrainische Justizminister auch mit Reparationen aus eingefrorenen russischen Vermögen bestrafen. Das ist moralisch betrachtet sicher gerechtfertigt. Doch juristisch ist das wesentlich schwieriger, als es klingt. Da sind zum einen die Privatvermögen russischer Oligarchen, deren Verantwortung für den Krieg im Einzelfall höchst unterschiedlich bewertet werden muss – und die in westlichen Rechtsstaaten beste Chancen haben, ihre Enteignung juristisch zu verhindern. Und da sind zum anderen in der EU und USA lagernde russische Währungsreserven. Dieses Geld wird irgendwann Verhandlungsmasse in Friedensverhandlungen sein müssen. Letztlich wird wohl kein Tribunal, sondern der Ausgang des Krieges darüber entscheiden, was aus den 300 Milliarden Dollar wird.
Klaus.Rimpel@ovb.net