Selbst die Grünen sind jetzt zufrieden

von Redaktion

Ampel-Koalition stimmt mit Union für das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada

München – Ein Septembertag im Jahr 2016: In sieben Großstädten prasselt der Regen und hagelt die Kritik. Hunderttausende protestieren mit bunten Transparenten gegen die EU-Freihandelsabkommen TTIP und Ceta mit den USA beziehungsweise Kanada. Auf Plakaten warnen Münchner Demonstranten vor Klonfleisch, Agro-Gentechnik und Chlorhühnchen. Auch Grünen-Politiker wie Annalena Baerbock und Anton Hofreiter laufen bei den Protesten mit.

Sechs Jahre später regieren die Grünen mit. Baerbock ist Bundesaußenministerin und das Handelsabkommen Ceta wird vom Bundestag ratifiziert. Denn während die Verhandlungen über TTIP eingeschlafen sind, konnten sich die Ampel-Parteien auf das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada einigen.

Der Widerstand scheint nur noch gering. Vor dem Bundestag standen gestern vereinzelt Menschen von Umweltorganisationen und hielten Transparente. Im Gebäude stimmen währenddessen 559 Abgeordnete für den Gesetzestext – 110 dagegen.

Genau genommen ist das „Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen EU-Kanada“ schon seit Herbst 2017 in Kraft – zumindest vorläufig und in Teilen. Das Ziel ist es, den Handel beider Partner zur erleichtern. Schon 98 Prozent aller Zölle fielen auf beiden Seiten weg.

Um das Abkommen EU-weit zu ratifizieren, müssen es alle Mitgliedstaaten annehmen. Mit Deutschland haben das bislang 17 der 27 EU-Länder getan. Von wichtigen Ländern wie Frankreich und Italien gibt es dagegen noch kein grünes Licht.

Die Grünen waren lange gegen das europäisch-deutsche Abkommen. Sie verhandelten nach und zeigen sich schließlich mit dem Ergebnis zufrieden. Der Ampel-Koalition sei es gelungen, sich auf „eine Handelspolitik, die Klimaschutz und Nachhaltigkeit endlich in den Mittelpunkt stellt“, zu einigen, erklärt Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge. Missbräuchliche Klagen gegen den Klimaschutz würden Geschichte sein. Dafür erarbeitete ein Ceta-Ausschuss eine Interpretationserklärung.

Die bayerische Wirtschaft zeigt sich erleichtert über die Zustimmung. „Endlich ist das Abkommen unterzeichnet und der Schwebezustand damit beendet“, sagt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Kanada sei für Bayern ein wichtiger Handelspartner. Im Jahr 2022 waren Bayerns Exporte dorthin rund 30 Prozent höher als im Vorjahr, heißt es von der vbw. Exportiert werden vor allem Kraftwagen, Kraftwagenteile und Maschinen.

Die Union stimmt zwar für die Ratifizierung, kann sich einen Angriff gegen die Ampel aber nicht verkneifen. CDU-Politikerin Julia Klöckner nennt die Verhandlungen der Ampel-Parteien „goldig“ und wirft ihnen vor, „gar nichts gemacht“ zu haben. Das Gesetz sei „wortgleich“ mit dem, das die Union im März eingebracht hatte, sagt die ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin.

Linke und AfD lehnen das Abkommen ab. Kritik gibt es auch vom Bund Naturschutz in Bayern. „Die heutige Entscheidung ist eine Bankrotterklärung für Demokratie und Bürgerrechte“, sagt der Landesvorsitzende Richard Mergner. Das Freihandelsabkommen sei „nichts anderes als ein Konzernschutzabkommen“. LEONIE HUDELMAIER

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