Kiew/Peking – Im Ukraine-Krieg hofft die Europäische Union auf China als Vermittler. EU-Ratspräsident Charles Michel drängte Peking gestern, Einfluss auf Russland für ein Ende des Kriegs auszuüben. Chinas Staatschef Xi Jinping sagte eine „konstruktive Rolle“ zu. Doch rasche diplomatische Erfolge sind nicht in Sicht. Russlands Außenminister Sergej Lawrow teilte erneut verbal gegen den Westen aus und verteidigte die massiven Angriffe auf Strom- und Energienetze.
Moskaus Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar hat China nie offen verurteilt, sondern dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Rückendeckung gegeben. Zuletzt hatte der chinesische Staatschef Xi jedoch atomare Drohungen kritisiert, was als leichte Distanzierung verstanden wurde.
Bei einem Besuch von EU-Ratschef Michel in Peking sagte Xi nun nach Angaben des Staatsfernsehens, Friedensgespräche seien notwendig. China unterstütze die EU, ihre Vermittlung zu verstärken und die Schaffung einer ausgewogenen Sicherheitsarchitektur in Europa anzuführen. China wolle weiter eine „konstruktive Rolle auf seine eigene Weise“ spielen.
Michel sagte, als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat trage China besondere Verantwortung: „Wir wenden uns an China, auf Russland einzuwirken und zu versuchen, Russland zu überzeugen, die UN-Charta und die Souveränität der Ukraine zu respektieren.“
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hält Verhandlungen mit Kremlchef Putin auch immer noch für möglich, wie er dem US-Sender ABC sagte. Er fügte aber hinzu: „Ein guter Friede ist kein Friede, der den Ukrainern aufgezwungen wird.“ Die USA sehen in Moskau vorerst keine Verhandlungsbereitschaft. „Wir haben derzeit keinerlei Anzeichen dafür“, sagte die US-Botschafterin in Deutschland, Amy Gutmann, der „Sächsischen Zeitung“.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck machte im „Stern“ deutlich, dass er Waffenlieferungen an die Ukraine für unabdingbar hält – aber damit hadert. „Ich zweifle keinen Augenblick daran“, sagte der Grünen-Politiker. „Und trotzdem kann man das nicht leichtfertig beklatschen, wenn man sich klarmacht, dass von den 300 000 russischen Rekruten ein großer Teil verletzt oder sterben wird – auch durch Waffen, die wir geschickt haben. Ich. Die Freigabe trägt meine Unterschrift.“
Zur Abwehr des russischen Angriffskrieges lieferte Deutschland der Ukraine zuletzt etwa Gepard-Panzer und ein modernes Flugabwehr-System vom Typ Iris-T. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj hofft, dass auch Patriot-Luftabwehrsysteme aus Deutschland kommen. Eine derartige Entscheidung wäre „historisch“.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte Deutschland auf, die Bundeswehr weiter zu stärken. Zugleich müsse die Hilfe für die Ukraine fortgesetzt werden. „Wir sollten Russland nicht unterschätzen“, sagte Stoltenberg in Berlin. „Weiter gehen russische Raketen und Drohnen auf ukrainische Städte, Zivilisten und die kritische Infrastruktur nieder und lösen großes menschliches Leid aus, während der Winter schon beginnt.“
Solche Attacken auf die ukrainische Energieversorgung verteidigte der russische Außenminister Lawrow. „Diese Infrastruktur stützt die Kampfkraft der ukrainischen Streitkräfte und der nationalistischen Bataillone“, sagte er. Moskaus Vorgehen ziele auf eine möglichst geringe Anzahl ziviler Opfer.