„US-Politik zerstört Jobs in Europa“

von Redaktion

VON KLAUS RIMPEL

München/Washington – Es sind ungewöhnlich scharfe Worte, mit denen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei seinem Besuch in Washington die US-Wirtschaftspolitik geißelte – und die schlechte Stimmung lag nicht nur daran, dass ihm beim Abendessen im Weißen Haus Wein und Käse „Made in America“ serviert wurde – ausgerechnet also die Speisen, für die eigentlich Frankreich berühmt ist.

Es bestehe die Gefahr, dass die USA bei vielen Themen zuerst auf sich selbst schauen würden und dann auf ihre Rivalität mit China, klagte Macron. Er warnte Biden vor „Entscheidungen, die den Westen zersplittern werden“. Ohne eine Koordination zwischen den USA und der EU drohten „viele Jobs zerstört“ zu werden, so Macron. Die Subventionen für die US-Wirtschaft seien „super aggressiv“ gegenüber französischen Unternehmen, sagte Macron bei einem Mittagessen mit US-Parlamentariern.

Ursache des Zorns ist das Inflationsreduzierungs-Gesetz (IRA), ein gigantisches Programm zur Ankurbelung der US-Wirtschaft. Biden will Subventionen in Höhe von gut 370 Milliarden Dollar in US-Unternehmen pumpen, die für Klimaschutz und Energiesicherheit sorgen. Der Haken aus europäischer Sicht: Die Staatshilfe ist daran gekoppelt, dass die Produkte und Vorprodukte aus US-Produktion stammen müssen. So soll es eine Steuergutschrift für Elektrofahrzeuge in Höhe von 7500 Dollar nur dann geben, wenn die Modelle in den USA zusammengebaut und die Batterien überwiegend „Made in America“ sind. Bis 2024 sollen 40 Prozent der Batterien aus Nordamerika oder von US-Freihandelspartnern stammen, bis Ende 2026 soll der Anteil auf 80 Prozent steigen. Die USA haben Freihandelsabkommen mit Japan und Südkorea, aber nicht mit der EU oder einem EU-Staat. „Hätten wir nur TTIP“, klagt Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, über das an Chlorhühnchen und Ähnlichem gescheiterte Handelsabkommen Europas mit den USA.

Für die deutsche Wirtschaft ist Bidens Subventionspolitik dramatisch: Die USA sind mit einem Volumen von 115 Milliarden Euro mit Abstand die Nummer eins der deutschen Exportzielländer. BMW-Chef Oliver Zipse warnte, die USA wollten die ganze Wertschöpfungskette über Subventionen in die USA verlagern. Doch: „Keine Weltregion kann Elektroautos unabhängig von allen anderen produzieren.“ Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) fordert bereits eine „robuste Antwort“ der EU auf die US-Subventionen. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton droht sogar mit einer Klage bei der Welthandelsorganisation WTO. Immerhin, gestern bekräftigten Macron und Biden ihren Willen zur Zusammenarbeit.

Ifo-Chef Clemens Fuest warnt davor, auf Konfrontationskurs zu gehen. „Das Inflationsreduzierungs-Gesetz enthält ohne Frage protektionistische Elemente, die für die EU nicht akzeptabel sind“, so Fuest. Man solle deswegen „allerdings weder gleich einen Handelskrieg beginnen noch in einen Subventionswettlauf einsteigen“.

US-Experte James Davis erklärte, dass der versteckte Protektionismus in den letzten zehn Jahren generell zugenommen habe. „Davon versteht Macron etwas. Seine Politik der ‚strategischen Autonomie‘ beinhaltet jede Menge versteckter protektionistischer Maßnahmen, um die französische Industrie und den Agrarsektor vor der Konkurrenz aus dem Ausland zu schützen.“

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