Ein Jahr Ampel-Regierung

Viel Ideologie, wenig Führung

von Redaktion

VON GEORG ANASTASIADIS

Überzogene Selbstzweifel sind die Sache des Kanzlers nicht. In dem Zeugnis, das Olaf Scholz seiner Ampel-Koalition zum ersten Geburtstag ausstellt, finden sich nur lobende Worte. Verständlich: In Berlin regiert, wenn man so will, eine „Kriegsregierung“. Die hat alle Hände voll zu tun, den von Putin – und leider auch der Vorgängerregierung – angerichteten Scherbenhaufen zusammenzukehren.

Das wird schwer genug. Denn in Kriegszeiten braucht es vor allem zweierlei: Führung und Pragmatismus. An beidem mangelt es der Ampel mit ihren weltanschaulich so diversen Parteien. Am brutalsten sichtbar wurde das im Streit um die Atom-Verlängerung: Monatelang beschwieg der Kanzler die erbitterte Fehde von Grünen und FDP, bis er sie mit einem Formelkompromiss beendete. Der war in Wahrheit ein Sieg der Ideologen über die Pragmatiker: Ohne Not beraubt sich die Industrienation in einer existenziellen Krise eines bewährten Energieträgers, zur Freude Putins und der bösen Katarer (denen es Innenministerin Faeser mit dem Tragen der One-Love-Binde aber heimzahlte!). Der Umgang mit der Kernkraft steht sinnbildlich für den gesamten Irrweg in der Energiepolitik: Statt die Marktpreise für Strom und Gas durch die Ausweitung des Angebots (Atom, Fracking) zu drücken, ersinnt die Ampel immer monströsere Schutzschirme, Preisdeckel und Subventionen, um den Massenbankrott von Haushalten und Betrieben abzuwenden. Und Klimaminister Habeck will jetzt noch mehr Steuermilliarden für Unternehmen draufsatteln, die mit Erneuerbaren produzieren. Wer soll diesen Marsch in die Öko-Planwirtschaft bezahlen?

Nicht besser sieht es auf einem weiteren Kriegsschauplatz aus, der Migration: Während Putins Raketenterror die Ukrainer aus ihrem Land jagt, unternimmt die Ampel keine erkennbaren Anstrengungen, um wenigstens die erneut bedrohlich anschwellende Armutsmigration über den Balkan zu reduzieren; lieber werfen SPD und Grüne mit neuen Pässen um sich. Derweil müssen verzweifelte Bürgermeister und Landräte wie 2015 wieder Turnhallen konfiszieren. Ideologie vor Pragmatismus auch hier. Und wieder kein Sterbenswort vom Wer-Führung-bestellt-kriegt-Führung-Kanzler.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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