Diese Bilanz müsste jedem Klimaschützer im seit einem Jahr grün geführten Bundeswirtschaftsministerium die Schamesröte ins Gesicht treiben: Fast die Hälfte des in Deutschland verbrauchten Stroms – exakt 45,5 Prozent – musste im dritten Quartal 2022 mit den klimaschädlichen Energieträgern Kohle und Gas erzeugt werden. Deren Anteil stieg gegenüber dem Vorjahr stark an (beim Gas verdoppelte er sich sogar!), weil Deutschland bis auf drei alle seine Kernkraftwerke abschaltete, während der Anteil der Erneuerbaren stagnierte – und das trotz des außergewöhnlich sonnenreichen Sommers.
So also sieht die gepriesene deutsche Energiewende aus: Energie ist bei uns so teuer wie kaum wo auf der Welt und gefährdet den Industriestandort, während mehr fossile Energieträger verfeuert und die Klimaziele krachend verfehlt werden. Wer in der Welt soll bitte diesem Vorbild folgen? Der Mythos der deutschen Vorreiterrolle ist nicht mehr als deutsche Hybris.
Darüber zu sinnieren, wäre auch für die Aktivisten der „Letzten Generation“ lohnend, die sich für vergleichsweise geringe CO2-Einsparungen durch 9-Euro-Ticket und ein Tempo-100-Limit auf Straßen und Autobahngeländern festkleben. Sie würden mehr fürs Klima erreichen, wenn sie für einen (vorübergehenden) Weiterbetrieb der AKWs einträten; dann ließe sich gewiss auch ein politischer Kompromiss bei Tempolimit und Ticket finden. Aber noch wichtiger als die Klimarettung ist ihnen die Anti-Atom-Ideologie ganz im Sinne ihrer grünen Vordenker.
Georg.Anastasiadis@ovb.net