Iran richtet ersten Demonstranten hin

von Redaktion

Justiz macht Ernst mit eisernem Kurs gegen Anhänger der Proteste – „Stellt ihr Galgen für uns alle auf?“

Teheran – Im Iran ist nach Angaben von Staatsmedien erstmals seit Beginn der Massenproteste vor drei Monaten ein Demonstrant hingerichtet worden. Der Mann sei Ende September in Teheran verhaftet worden, berichtete die Nachrichtenagentur Irna. Ein Revolutionsgericht in der Hauptstadt Teheran habe ihn gemäß islamischer Rechtsauffassung wegen „Kriegsführung gegen Gott“ zum Tode verurteilt. Demnach wurde ihm zur Last gelegt, ein Mitglied der berüchtigten paramilitärischen Basidsch-Miliz mit einer Waffe angegriffen, Schrecken verbreitet und eine Straße blockiert zu haben. Ein Berufungsverfahren wurde abgewiesen.

Zum Alter des getöteten Mannes und zur Art der Hinrichtung gab es zunächst keine Angaben. Die Todesstrafe wird im Iran normalerweise durch Erhängen vollstreckt. Die Kundgebungen gegen die Führung der islamischen Republik dauern immer noch an. Seit Beginn der Woche hielten vor allem in der iranischen Kurdenprovinz viele Ladenbesitzer aus Protest ihre Geschäfte geschlossen. In weiten Landesteilen war ein massives Aufgebot von Sicherheitskräften präsent, um Versammlungen und Proteste zu verhindern.

Nach Angaben iranischer Medien hieß der exkutierte Mann Mohsen Schekari. Experten waren von dem Tempo der Verurteilung überrascht, Menschenrechtler kritisierten das Verfahren als „Scheinprozess“. Nach Angaben des Nachrichtenportals Misan, das der Justiz nahe steht, wurde Schekari am 25. September verhaftet und das Todesurteil bereits am 20. November verlesen.

In den vergangenen Wochen wurden bereits mehrere Todesurteile gegen Demonstranten verhängt. Die Justiz hat angesichts der Proteste einen harten Kurs angekündigt. Auch im Parlament forderten Abgeordnete harte Urteile bis zur Todesstrafe für die Tausenden inhaftierten Protestteilnehmer. Nach Einschätzungen von Menschenrechtlern wurden seit Mitte September mindestens 470 Demonstranten getötet und mehr als 18 000 verhaftet.

Der prominente iranische Blogger und Menschenrechtsaktivist Hossein Ronaghi, jüngst auf Kaution aus der Haft entlassen, schrieb an die politische Führung gerichtet auf Twitter: „Wir werden die Augen angesichts der Exekutionen nicht verschließen, die Hinrichtung eines jeden Demonstranten wird ernste Konsequenzen für euch haben.“ Das Leben einer Person zu nehmen sei „wie das Leben von uns allen zu nehmen. Könnt Ihr Galgen für uns alle aufstellen?“

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock kritisierte die Hinrichtung und kündigte eine harte Reaktion der EU an. Dass die iranische Führung „mit diesen perfiden Schnellverfahren“ und dem Todesurteil „ein grausames Exempel“ statuiere, unterstreiche die Menschenverachtung dieses Regimes, sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag in Dublin. Die EU werde „mit harten Maßnahmen“ reagieren.

Auslöser der Proteste war der Tod der Kurdin Mahsa Amini. Sie starb im September im Polizeigewahrsam.

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