Korruptionsskandal bei der EU

Steilvorlage für Populisten

von Redaktion

VON MARC BEYER

Im Nachhinein hätte man schon stutzig werden können, als Eva Kaili neulich eine Rede zur Rolle Katars hielt. Das Lob prasselte nur so. Historische Transformation, Vorreiterrolle bei Arbeiterrechten – das klang angesichts aller WM-Debatten so schwülstig-deplatziert, dass es wie aus der Feder einer PR-Agentur wirkte.

Tatsächlich scheint es nun, als habe das Emirat die EU-Vizepräsidentin großzügig von seinen Vorzügen überzeugt. Erhärtet sich der Verdacht, wäre das ein Desaster, für das Parlament und die ganze EU. In der Öffentlichkeit wird die ohnehin oft als Paralleluniversum wahrgenommen, in das viele Milliarden fließen, ohne dass immer klar ist, wohin genau. Der Eindruck, im Umgang mit Geld zählten weder Gesetz noch Anstand, wäre fatal. Zumal der Skandal eine Steilvorlage ist für Populisten wie Viktor Orbán, der seinerseits wegen Korruptionsvorwürfen unter massivem Druck der EU steht.

Transparenz werde großgeschrieben, heißt es jetzt in Brüssel wieder mit Verweis auf strenge Lobbyregeln. Der Haken daran ist, dass Drittstaaten bisher ausgenommen sind. Dass Katar offenbar durch diese Lücke geschlüpft ist, überschattet den gesamten Kampf gegen Korruption. Damit die Bemühungen um mehr Rechtsstaatlichkeit nicht dauerhaft diskreditiert werden, muss die EU rasch für maximale Aufklärung sorgen. Die angestrebten Visaerleichterungen für Bürger Katars auf Eis zu legen, sollte da selbstverständlich sein, aber auch nur ein Anfang.

Marc.Beyer@ovb.net

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