Trump droht das politische Aus

von Redaktion

VON JULIA NAUE UND MAGDALENA TRÖNDLE

Washington – Nein, der Untersuchungsausschuss zur Kapitol-Attacke kann Donald Trump nicht vor Gericht bringen. Er kann dem Justizministerium nur empfehlen, den Ex-Präsidenten der USA anzuklagen. Und doch ist das Vorgehen des Gremiums bemerkenswert – und einzigartig. Der Ausschuss des Repräsentantenhaus wirft dem 76-Jährigen vier Straftaten vor und setzt damit das Justizministerium unter Druck. Sollte Trump jemals wegen des Vergehens der Aufruhr verurteilt werden, dürfte er kein politisches Amt mehr ausüben. Doch wer glaubt, dass seine Kandidatur für das Weiße Haus damit ins Rutschen gerät, sollte vorsichtig sein.

Fast zwei Jahre ist es nun her, dass ein gewalttätiger Mob das Kapitol in Washington stürmte. Als Folge der Krawalle am 6. Januar 2021 kamen fünf Menschen ums Leben. Es waren zwei lange Jahre, in denen es für Trump keine strafrechtlichen Konsequenzen gab. „Präsident Trump hat die Flamme entzündet. Er goss Benzin über das Feuer und saß stundenlang im Speisesaal des Weißen Hauses und sah zu, wie das Feuer brannte“, sagt die Demokratin Elaine Luria. Und auch heute noch würde Trump diese Flammen mit seinen Lügen anfachen.

Anderthalb Jahre lang hat das Gremium akribisch Beweise gesammelt, mehr als 1000 Zeugen verhört. In mehreren öffentlichen Anhörungen, als TV-Spektakel inszeniert, präsentierte der Ausschuss seine Beweise. Zum Finale zeigte er eine Art Best-of und kam zu dem Schluss: Der Republikaner Trump hat gewusst, dass er die Präsidentenwahl 2020 gegen seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden verloren hat. Er hat das Justizministerium und Angestellte der Regierung unter Druck gesetzt. Er hat einen Mob auf das Kapitol gehetzt, in der Hoffnung, dass dieser für ihn erreicht, was er selbst nicht schaffte: das Wahlergebnis zu kippen.

Es sind schwerwiegende Vorwürfe, die Trump selbstredend alle zurückweist. Dass der Ausschuss nun das Justizministerium auffordert, Trump deswegen strafrechtlich zu verfolgen, ist beispiellos. „Andererseits hat auch noch nie in unserer Geschichte ein Präsident versucht, die friedliche Machtübergabe zu verhindern“, schreibt die „Washington Post“ in einem Meinungsstück. Wenn Sonderermittler Jack Smith nun entscheide, Trump nicht anzuklagen, müsse er erklären, warum sein Urteil von dem des Ausschusses abweiche.

Trump möchte noch einmal Präsident der USA werden. Die Vorwürfe gegen ihn tut er als politische Verfolgung ab. Und ja, in dem Ausschuss sitzen sieben Demokraten und nur zwei Republikaner. Das liegt vor allem daran, dass die Republikaner das Gremium von Anfang an torpediert haben. Im Januar kommt ein neuer Kongress zusammen, die Demokraten haben ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren. Der Kapitol-Ausschuss ist dann Geschichte.

Es ist völlig offen, wann das Justizministerium eine Entscheidung über sein weiteres Vorgehen trifft. Es prüft mögliche Vergehen selbst schon seit Monaten. Fest steht: Anklage wird es nur erheben, wenn es sich seiner Sache zu hundert Prozent sicher ist. Und selbst dann dürfte ein langer Rechtsstreit folgen, bevor Trump rein theoretisch im Gefängnis landen könnte. Eine Anklage allein reicht auch nicht aus, um Trump für das Rennen ums Weiße Haus oder das Amt zu disqualifizieren. Entscheidend ist, weswegen Trump verurteilt würde.

Ein Zusatzartikel der US-Verfassung besagt, niemand, der einen Eid auf die Verfassung geleistet und sich an einer Aufruhr oder einer Rebellion gegen diese beteiligt habe, dürfe US-Präsident werden. Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass der Ausschuss Trump wegen Aufruhr vor Gericht bringen will. Doch selbst wenn er deswegen verurteilt würde, dürfte es erbitterte Auseinandersetzungen darüber geben, ob dieser Zusatzartikel auf Trump zutrifft oder nicht.

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