Der Kampf mit dem Medizin-Mangel

von Redaktion

VON SEBASTIAN HORSCH UND MANUEL ESER

München/Freising – Krankheitswellen wie die aktuelle hat der Freisinger Kinderarzt Udo Rampf schon öfter erlebt. „Es ist keinesfalls schlimmer als jemals zuvor“, sagt er. Was die Lage allerdings speziell macht, ist der derzeitige Mangel an manchen Medikamenten. „Die Regale in den Freisinger Apotheken sind ziemlich leer, aber bisher haben wir jedes Kind behandelt bekommen“, sagt der Arzt. Für Rampfs Praxis bedeutet der Engpass allerdings deutlich mehr Arbeit – „weil man bei der Verschreibung eines Rezepts herumtelefonieren muss, was überhaupt vorrätig ist“. Und wenn Patienten für ein Antibiotikum bis nach München fahren müssten, sei das „für ein Land, das stolz auf seine Gesundheitsversorgung ist, schon eine beschämende Situation“, findet der erfahrene Mediziner.

Nicht nur die Freisinger Apotheken haben derzeit mit leeren Regalen zu kämpfen. Im ganzen Land fehlt es gerade an Schmerzmitteln, Fieber- und Hustensäften für Kinder, oder auch Krebsmedikamenten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat deshalb angekündigt, die Versorgung über neue Preisanreize für die Hersteller stärken zu wollen. Doch kurzfristig dürften diese Pläne noch keine große Wirkung zeigen. Und die Weihnachtsfeiertage stehen vor der Tür.

„Die Lage ist extrem angespannt“, teilt die Bayerische Landesapothekenkammer auf Anfrage unserer Zeitung mit. Eine Versorgung der Patienten sei derzeit nur unter einem immensen Mehraufwand noch möglich. Fiebersäfte, aber auch Zäpfchen mit den Wirkstoffen Paracetamol und Ibuprofen stellen die Apotheken nach Möglichkeit selbst her. Ob es nun speziell um Weihnachten herum zu besonderen Engpässen kommen könne, sei schwer zu beantworten – „wobei die dienstbereiten Apotheken versuchen, sich natürlich bestmöglich vorzubereiten, um die Versorgung auch über die Feiertage sicherzustellen“. Dazu gehört auch, einzelne Kunden davon abzubringen, sich durch sogenannte Hamsterkäufe einen Vorrat an knapper Medizin zuzulegen. „Die Apotheken gehen aufgrund der aktuellen Situation verantwortungsbewusst mit derartigen Nachfragen um“, versichert die Landesapothekenkammer.

In den bayerischen Kliniken ist ein Mangel an Arzneimitteln bisher hingegen kein Problem, sagt ein Sprecher der Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG). Die Krankenhaus-Apotheken im Freistaat tauschen sich in einem eigenen Informationssystem über mögliche Notlagen aus, um sich im Ernstfall gegenseitig mit knappen Medikamenten aushelfen zu können. Größere Engpässe seien aber bisher nicht gemeldet worden.

Um die allgemeine Not zu lindern, sollen die Krankenhausapotheken in Bayern nun auch unbürokratisch Arzneimittel an öffentliche Apotheken abgeben können. Darüber hinaus kündigt Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) an, dass an den anstehenden Feiertagen die Notdienstapotheken im Freistaat vorrangig beliefert werden sollen. Auch soll die Überprüfung von Medikamenten, die in den Apotheken hergestellt werden, vorübergehend ausgesetzt werden. „Der Großhandel hat mir versichert, dass er gerade über die Feiertage vor allem die Notfallapotheken im Blick hat und auf kurzfristige Anfragen nach Kräften und Verfügbarkeit reagiert“, sagt Holetschek unserer Zeitung. Und: Gemeinsam mit dem Großhandel wolle man prüfen, ob es sinnvoll und möglich wäre, einen Vorrat von bestimmten Arzneimitteln anzulegen – „unter Beteiligung des Freistaats Bayern über das gesetzlich Vorgeschriebene hinaus“, sagt der Minister.

Strenger Blick auf Hamster-Versuche einzelner Kunden

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