VON GEORG ANASTASIADIS
Der tapfere Kriegspräsident, umjubelt im Land der Freiheit: Wolodymyr Selenskyjs historischer Besuch in den USA lieferte genau die Bilder und die Zeichen der Hoffnung, die sein geschundenes Volk am Ende eines zermürbenden Kriegsjahres so bitter braucht. Zugleich sicherte er sich die dauerhafte finanzielle und militärische Unterstützung der westlichen Führungsmacht und zwang auch die Republikaner auf den pro-ukrainischen Kurs von Präsident Joe Biden. Einen „diplomatischen Doppelwumms“ nannte das sehr passend der frühere Chef der Sicherheitskonferenz, Ischinger.
Das Signal an den Aggressor Putin ist klar: Dessen Hoffnung, der Westen werde seiner Hilfe für Kiew müde, wenn auch für die Menschen bei uns die Kriegskosten steigen, hat sich zerschlagen. Dabei hatte sich der Diktator doch gerade diese Woche so bemüht, die Freunde der Ukraine zu entmutigen! Seinen Generälen stellt er vor laufenden Kameras einen Sieg um jeden Preis in Aussicht. Doch blieb Putin den zweifelnden Landsleuten Antworten schuldig, wie er sein Kriegsziel noch erreichen könne. Auch sein Schulterschluss mit dem Belarussen Lukaschenko machte nicht viel Eindruck. In Minsk schworen sich zwei feiste, schurkische Kriegsganoven gegenseitig Komplizenschaft, die noch nicht mal den Mut zu einem Frontbesuch aufbringen; in Washington hingegen nahm der Präsident der oft fehlbaren, aber noch immer mächtigsten und idealistischsten Demokratie der Welt einen mit den Tränen kämpfenden Mann in den Arm, der in seiner Heimat und darüber hinaus längst als Kriegsheld gilt.
Selenskyj ist in den Augen der Welt, was der KGB-Mann Putin mit seinen lächerlichen Männlichkeitsgesten so gerne wäre. Und so endet das erste Kriegsjahr für den Kremlchef so, wie es mit der gescheiterten Einnahme Kiews begonnen hat: mit einer Niederlage. Für den Kanzler sollte das Ansporn sein, nicht nachzulassen bei der Unterstützung der Ukrainer in ihrem Kampf zur Verteidigung ihrer Freiheit.
Georg.Anastasiadis@ovb.net