Brasília – Er kennt die Höhen und Tiefen eines Politikerlebens wie kein Zweiter: Luiz Inácio Lula da Silva, der am 1. Januar im Alter von 77 Jahren zum dritten Mal das Amt des brasilianischen Präsidenten antritt. Zur Amtseinführung werden zahlreiche Staats- und Regierungschefs erwartet, unter ihnen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Lula ist ein Hoffnungsträger über Brasilien hinaus, nicht zuletzt beim Klimaschutz.
Der Linkspolitiker hatte bereits von 2003 bis 2010 an der Spitze des größten südamerikanischen Landes gestanden. Danach kam sein tiefer Sturz: Zwischen 2018 und 2019 saß Lula mehr als anderthalb Jahre lang wegen Korruptionsvorwürfen im Gefängnis. Seine Anhänger sahen hinter der Verurteilung ein politisches Manöver – der aussichtsreiche Linkskandidat wurde damit aus dem Präsidentschaftsrennen ausgeschlossen, Bolsonaro siegte.
Im März 2021 hob der Oberste Gerichtshof dann das Urteil gegen Lula wegen Verfahrensfehlern auf – und machte den Weg frei für seine Rückkehr. Lula stürzte sich in den Wahlkampf gegen Jair Bolsonaro, dessen Amtszeit unter anderem durch eine dramatisch zunehmende Zerstörung des Amazonaswaldes und ein Missmanagement der Corona-Pandemie gekennzeichnet war.
Lula gewann die Wahl mit hauchdünnem Vorsprung – was die extreme Spaltung der Gesellschaft in Brasilien deutlich macht. Der 77-Jährige hat eine große Anhängerschaft vor allem in den armen Bevölkerungsschichten, von vielen Brasilianern wird er aber auch als Symbol der Korruption gesehen und abgelehnt.
Er selber wuchs in großer Armut auf, als siebtes von acht Kindern einer Landarbeiterfamilie. Als Siebenjähriger zog Lula mit seiner Familie in den Bundesstaat São Paulo, wo er als Schuhputzer und Erdnussverkäufer arbeitete und später Schlosser wurde. Als junger Mann stieg er zum Chef der Metallarbeitergewerkschaft auf und wurde in den 1970er Jahren zur treibenden Kraft einer Streikbewegung, die der damaligen Militärdiktatur Probleme bereitete.
Anfang der 80er-Jahre war Lula dann Mitbegründer der sozialdemokratischen Arbeiterpartei PT, zwischen 1989 und 1998 kandidierte er drei Mal erfolglos für das Präsidentenamt. Beim vierten Mal, im Jahr 2002, wurde er schließlich gewählt, 2006 gelang ihm die Wiederwahl.
Lulas Regierung setzte umfangreiche Sozialprogramme um, die schätzungsweise 30 Millionen Menschen aus der Armut holten. Die enormen Staatsausgaben wurden allerdings nur durch den damaligen Boom der brasilianischen Rohstoffexporte ermöglicht.
Dieser Boom ist lange vorbei – Brasilien leidet massiv unter der globalen Wirtschaftskrise. Doch nicht nur deshalb sind Lulas Startbedingungen für die dritte Amtszeit schwierig. Dazu kommen die Dominanz der rechtsgerichteten Kräfte im Kongress sowie die Feindseligkeit, die ihm aus großen Teilen der Bevölkerung entgegenschlägt.
Auch privat ist Lulas Biografie durch extreme Höhen und Tiefen geprägt. 2011 hatte er Kehlkopfkrebs, 2017 starb seine langjährige Ehefrau. Neues Liebesglück fand er mit der PT-Aktivistin „Janja“ da Silva, die er im vergangenen Mai heiratete. afp