Berlin – 4000 Einsätze von Feuerwehr und Polizei, 38 Angriffe auf Rettungskräfte, 33 Verletzte – die Berliner Silvesterbilanz ist fatal. Die Täter: Offenbar meist betrunkene Männer, oft mit Migrationshintergrund. „Chaoten und Gewalttäter haben mit einer massiven Brutalität Polizei- und Rettungskräfte attackiert, mit Böllern und Raketen beschossen, behindert, bedroht und in große Gefahr gebracht“, erklärte Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Allein in Berlin kam es in der Silversternacht zu rund 100 Festnahmen.
Berlins Oberbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) will die Täter schnell zur Rechenschaft ziehen: „Wenn das Verfahren zu lange dauert, dann stehen Tat und Strafe nicht mehr so im engen Zusammenhang. Es ist wichtig, dass wir über beschleunigte Strafverfahren, gerade bei Ersttätern, sprechen“, so Bürgermeisterin Giffey.
Gleichzeitig regte sie eine Grundsatzdiskussion um den Verkauf von Feuerwerkskörpern an: „Wir müssen Konsequenzen ziehen und brauchen eine bundesweite Debatte um Fragen, wie mit Böllern umzugehen ist, wie auch mit Einschränkungen umzugehen ist“, sagte Giffey. In der Debatte über die Einschränkungen von Böllern oder Verbote könne es keine Insellösung nur für Berlin geben. Stattdessen werde Berlin den Vorsitz in der Innenministerkonferenz nutzen, um dort eine bundeseinheitliche Regelung zu thematisieren.
Die Gewerkschaft der Polizei spricht sich für ein Verbot aus, so der Vorsitzende Jochen Kopelke: „Über ein Verbot lässt sich mindestens die Verfügbarkeit von legalem Feuerwerk einschränken und reduzieren und auch nur noch bestimmte Klassen in den Umlauf bringen, die weniger gefährlich bis gar nicht gefährlich sind.“
Innenministerin Faeser will die Täter „mit der ganzen Härte des Gesetzes“ bestraft sehen. Eine Gesetzesverschärfung hält sie jedoch für überflüssig: Dass neben Polizeibeamten zunehmend auch Sanitäter und Feuerwehrleute attackiert werden, ist ein Phänomen, das schon seit einigen Jahren bekannt ist und 2017 in einer Gesetzesänderung mündete. Seither können Angriffe auf Polizisten, ermittelnde Staatsanwälte, Feldjäger und andere Sicherheitskräfte mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden.
Laut Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, gebe es eine überwiegende Tätergruppe: „Bei vielen Einsatzkräften ist der Eindruck vorherrschend, dass Gruppen junger Männer mit Migrationshintergrund bei diesen Ausschreitungen weit überrepräsentiert sind“, so Wendt im „Focus“. Der Autor und Psychologe Ahmad Mansour analysiert die Situation so: „In Berlin gibt es Gruppen von Jugendlichen, die den Staat als sehr schwach wahrnehmen, weil sie selbst aus sehr patriarchalen Strukturen kommen.“ Einige hätten in ihren Heimatländern einen Polizeistaat erlebt, nähmen die demokratische Polizei als schwach wahr.
Auch der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Jens Spahn (CDU) sprach von einem Problem jenseits normaler Silvesterfeiern: „Da geht es eher um ungeregelte Migration, gescheiterte Integration und fehlenden Respekt vor dem Staat statt um Feuerwerk.“
Viele Praktiker sind sich einig: Das Problem ist weniger die Härte der Strafen, sondern die Ermittlung der betreffenden Täter. mas/dpa/afp