1500 Festnahmen: Brasilien nach dem Sturm

von Redaktion

VON MARTINA FARMBAUER UND DENNIS DÜTTMANN

Brasília – Nach dem Sturm radikaler Anhänger des brasilianischen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro auf das Regierungsviertel in Brasília sind rund 1500 seiner Unterstützer vorläufig festgenommen worden. Sicherheitskräfte räumten am Montag ein Camp der Bolsonaro-Sympathisanten vor dem Hauptquartier der Streitkräfte in der Hauptstadt und setzten die Aktivisten vorübergehend fest, wie das Justizministerium mitteilte. Die Menschen seien in rund 40 Bussen weggebracht worden, berichtete das Nachrichtenportal „G1“. Auch in anderen Städten wie Rio de Janeiro und São Paulo wurden Camps von Bolsonaro-Anhängern aufgelöst, dort gab es ebenfalls Festnahmen.

Für Entsetzen weit über die Landesgrenzen hinaus hatte der Sturm tausender Krawallmacher auf das Regierungsviertel in Brasília am Sonntag gesorgt. Die Anhänger des rechten Ex-Präsidenten brachten dort kurzzeitig die Schaltzentralen der wichtigsten Staatsgewalten des Landes unter ihre Kontrolle: Sie drangen in den Kongress, den Obersten Gerichtshof und den Regierungssitz Palácio do Planalto ein, randalierten in Büros und Sitzungssälen und hinterließen eine Spur der Zerstörung. Erst nach Stunden brachten die Sicherheitskräfte die Lage wieder unter Kontrolle.

Der Gouverneur des Bundesbezirks rund um die Hauptstadt wurde am Montag vorübergehend seines Amtes enthoben. Der Oberste Gerichtshof ordnete an, Ibaneis Rocha zunächst für 90 Tage zu suspendieren. Die Anordnung diente „G1“ zufolge auch als Warnung an Gouverneure anderer Bundesstaaten, gegenüber radikalen Bolsonaro-Anhängern nicht untätig zu bleiben. Zuvor war bereits der unter Bolsonaro als Justizminister tätige Sicherheitschef von Brasília, Anderson Torres, entlassen worden. Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva, der seit rund einer Woche im Amt ist, stellte die öffentliche Sicherheit in der Hauptstadt per Dekret unter Bundesaufsicht.

Bolsonaro war bereits zwei Tage vor dem Ende seiner Amtszeit an Neujahr mit seiner Familie in die USA geflogen. Seine Anhänger hatten seit der Stichwahl um das Präsidentenamt Ende Oktober, aus der Lula knapp als Sieger gegen Bolsonaro hervorgegangen war, vor dem Militärhauptquartier in Brasília campiert. Als am Samstag und Sonntag rund 4000 weitere Unterstützer des Ex-Präsidenten in Bussen in der Hauptstadt eintrafen und zum Regierungsviertel zogen, wurden sie von Polizisten eskortiert. Einige der Beamten machten sogar Selfies mit den Demonstranten und drehten Handy-Videos, wie im Fernsehen zu sehen war.

Selbst der brasilianische Fußballverband CBF verurteilte die Randale, bei denen viele Beteiligte das kanariengelbe Trikot der Nationalmannschaft trugen. Das Trikot sei „ein Symbol für die Freude unseres Volkes, zum Anfeuern, Mitfiebern und um das Land zu lieben“, betonte der Verband am Montag.

Bolsonaro selbst ließ sich am Montag laut einem Medienbericht in ein Krankenhaus im US-Bundesstaat Florida bringen. Er leide eigenen Angaben zufolge unter starken Bauchschmerzen, berichtete die brasilianische Zeitung „O Globo“. Es ist nicht das erste Mal, dass der rechte Politiker – auch in politisch kritischen Situationen – in die Klinik kommt. Bei einer Wahlkampf-Veranstaltung im September 2018 hatte ein geistig verwirrter Mann auf ihn eingestochen und ihm schwere Bauchverletzungen zugefügt.

Artikel 2 von 11