Taipeh – Langsam zeichnet sich ein Muster ab: Wieder reist eine Politikerin aus dem Westen nach Taipeh, und wieder reagiert China mit massiven Militärmanövern in Taiwans Luftraum. Damals US-Demokratin Nancy Pelosi, diesmal FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, kurz MASZ. „Ich würde auch nach Taiwan reisen“, verteidigte die Bundestagsabgeordnete Pelosi im August – als der Westen darüber stritt, ob der Taiwan-Abstecher eine Eskalation des Konflikts befeuere. Jetzt hat Strack-Zimmermann ihren Worten Taten folgen lassen.
28 Flugzeuge hat Peking über die Mittellinie der Taiwanstraße fliegen lassen, als die 64-Jährige mit einer zehnköpfigen FDP-Delegation am Sonntag landete. „Man muss dazu sagen, dass es an der Küste Taiwans seit Monaten jeden Tag solche militärischen Bewegungen gibt“, sagt sie unserer Zeitung. „Ich höre davon – aber ich habe deshalb kein mulmiges Gefühl. Wir müssen eine Regierung nicht fragen, ob wir jemanden besuchen dürfen.“ Das unterscheide Deutschland von nicht demokratischen Staaten.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag ist es mittlerweile gewohnt, sich mit autoritären Supermächten anzulegen. Seit Monaten drängt sie auf schwere Waffenlieferungen an die Ukraine, bezeichnet Putin als Massenmörder und Terroristen. Jetzt hat sie Chinas Staatschef Xi Jinping im Visier. Chinas Ostkommando sprach von „provokativen Aktionen externer Kräfte“, als die FDP-Delegation in Taiwan landete. „Meine Güte“, entgegnet sie, „man sollte bitte die Kirche im Dorf lassen.“
Mit dabei ist auch der FDP-Vizevorsitzende Johannes Vogel. Bei einem Treffen mit Präsidentin Tsai Ing-Wen gestern bezeichnete er die Drohungen Chinas als „inakzeptabel“. Der Status quo in der Taiwanstraße, der 180 Kilometer breiten Meerenge zwischen China und Taiwan, dürfe nur durch gegenseitiges Einverständnis verändert werden. Der Besuch sei eine „Geste der Solidarität gegen jede Drohung mit militärischer Aggression“.
Eine Geste mit Einschränkungen. Denn trotz der freundschaftlichen Worte hält Deutschland – wie der Großteil der Welt – auch weiter an dem „Ein-China-Grundsatz“ fest, bekräftigt Vogel. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, obwohl sich die Insel als Demokratie de facto selbst verwaltet und nie der Volksrepublik angehörte. Taiwan als eigenständigen Staat anerkennen – so weit wollen es sich Deutschland oder die USA trotz aller Solidaritätsbekundungen aber nicht mit China verscherzen. Das tun gerade mal 13 Länder weltweit.
Strack-Zimmermann ist eigentlich eher bekannt dafür, deutliche Worte zu finden und klare Handlungen zu fordern. „Worte und Gesten sind hier natürlich nicht unwichtig“, erklärt sie. „Wir zeigen, dass wir im Westen die Herausforderungen im Indopazifik wahrnehmen. Deutschland hat wie alle Länder einen gewissen Handlungsspielraum: Wir müssen uns deutlich von wirtschaftlichen Abhängigkeiten und chinesischem Einfluss auf deutsche Unternehmen lösen.“
Strack-Zimmermann stellt dennoch klar: „Wir werden natürlich auch in Zukunft weiterhin Handel mit Peking betreiben.“ Allerdings müssten die Investitionen Chinas in Deutschland reduziert sowie die Produktion von für uns wichtigen Gütern in China heruntergeschraubt werden, so ihre Forderung. „Stattdessen sollten wir mit mehr Partnern Freihandel betreiben. Dazu gehören Kanada, die USA und auch die ASEAN-Staaten. Mit denen, die unsere demokratischen Werte teilen.“
Das könnte auch Auswirkungen auf den Ausgang des Konflikts zwischen China und Taiwan haben. Denn: „China beobachtet ganz genau, was gerade in der Ukraine passiert, wie Europa auf den Angriff Russlands reagiert und wie die EU und die Nato-Staaten immer enger zusammenrücken.“