So verständlich es ist, dass der Ukraine-Krieg, der sich in so bedrohlicher Nähe zu uns abspielt, alle Aufmerksamkeit auf sich zieht: Aus Sicht der bis zu 600 000 Opfer des Krieges im äthiopischen Tigray ist es zynisch und bitter, dass sich für diesen Krieg in Afrika weder Politik noch Öffentlichkeit sonderlich interessiert haben.
Es ist bezeichnend für die europäische Ignoranz gegenüber Afrika, dass sich Außenministerin Annalena Baerbock gerade mal in zwei dürren Twitter-Äußerungen zu dem grausamen, zwei Jahre lang wütenden Krieg des Friedensnobelpreisträgers Abiy Ahmed gegen die Tigray geäußert hatte. Insofern ist es erfreulich, wenn sie jetzt gemeinsam mit ihrer französischen Amtskollegin in Addis Abeba unterstreicht, dass die EU nun zumindest den mühsamen, noch sehr brüchigen Friedensprozess in Äthiopien unterstützen will.
Aber noch besser wäre, wenn die grüne Ministerin darauf bestanden hätte, auch die Kriegsregion Tigray zu besuchen. Denn noch immer ist es für Journalisten und Hilfsorganisationen schwer, sich über die Situation dort zu informieren. Ein solcher Besuch wäre ein wichtiges Signal an die nach dem Ende der Kriegshandlungen noch immer unter Hunger und Medikamentenmangel leidende Bevölkerung Tigrays gewesen – so wie Baerbock ein mutiges, starkes Zeichen mit ihrer Reise an die Ukraine-Front nach Charkiw gesetzt hatte.
Klaus.Rimpel@ovb.net