Washington – Der US-Präsident geriet zuletzt immer mehr in Erklärungsnot – nun soll ein unabhängiger Sonderermittler den Fund diverser Geheimunterlagen in Joe Bidens Privaträumen untersuchen. Dies sei im öffentlichen Interesse, sagte US-Justizminister Merrick Garland am Donnerstag in Washington. Die Untersuchungen soll der Jurist Robert Hur leiten.
In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass Verschlusssachen aus Bidens Zeit als Vizepräsident unter Barack Obama an verschiedenen Orten entdeckt wurden. Dazu zählen private Büroräume in der Hauptstadt Washington sowie das Haus Bidens in Wilmington im Bundesstaat Delaware. Die erste Tranche war bereits am 2. November entdeckt worden, kurz vor den wichtigen Kongresswahlen in den USA, die am 8. November stattfanden. Das Weiße Haus betont, Bidens Anwälte hätten umgehend das Nationalarchiv informiert. Die Öffentlichkeit erfuhr aber erst vor wenigen Tagen davon.
Als Reaktion auf die erste Entdeckung in Washington sollen Biden-Mitarbeiter nach weiteren Unterlagen gesucht haben und schließlich in dessen Haus fündig geworden sein, erklärte Bidens Sonderberater Richard Sauber. Neben einem Fund in einer Garage sei ein weiteres Dokument in einem angrenzenden Raum zwischen gelagerten Materialien entdeckt worden. Biden sprach von seiner „persönlichen Bibliothek“.
Garland legte nun Details zu dem zeitlichen Ablauf offen: Das Justizministerium sei am Abend des 4. November vom Nationalarchiv über den Fund von Unterlagen im privaten Büro des früheren Vizepräsidenten im Penn Biden Center in Washington informiert worden. Daraufhin hätten Ermittlungen begonnen. Bereits am 20. Dezember habe Bidens Team das Justizministerium über den Fund weiterer Verschlusssachen in Bidens Privathaus informiert, ebenfalls aus dessen Zeit als Vizepräsident.
Garland sagte, er habe bereits vor einigen Tagen beschlossen, einen Sonderermittler einzusetzen. Der 50 Jahre alte Hur arbeitete für das Justizministerium – etwa zu den Themen Terrorismusbekämpfung und Unternehmensbetrug. Er war später Staatsanwalt im US-Bundesstaat Maryland, Trump nominierte ihn für den Posten.
Für Biden ist die Situation politisch äußerst heikel, denn mit einem ähnlich Fall hatte sein republikanischer Vorgänger im Sommer für einen Skandal gesorgt. Trump hatte bei seinem Auszug aus dem Weißen Haus im großen Stil Regierungsdokumente – teils mit höchster Geheimhaltungsstufe – mit in sein privates Anwesen Mar-a-Lago in Florida genommen. Das FBI hatte das Anwesen im August durchsucht und Verschlusssachen beschlagnahmt. Auch hier hat Garland einen Sonderermittler eingesetzt – Trump könnte sich strafbar gemacht haben.
Biden hatte das Verhalten seines Vorgängers damals als „unverantwortlich“ gewertet. Das fällt ihm nun auf die Füße. Führende Republikaner wie der Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, werfen Biden vor, mit zweierlei Maß zu messen.
Auch wenn sich die Fälle ähneln, gibt es große Unterschiede. Bidens Team hat die Entdeckungen umgehend gemeldet und die Unterlagen weitergegeben. Trump hatte sich indes mit dem Nationalarchiv erbittert gestritten. Unterlagen gab er nur zögerlich heraus – und längst nicht alle, wie sich bei der FBI-Durchsuchung im August herausstellte.
Bidens Berater Sauber gab sich gestern zuversichtlich. Die Dokumente seien „versehentlich verlegt“ worden, sagte er. Der Präsident habe „nach der Entdeckung dieses Fehlers“ sofort gehandelt.