Berlin – Vor den Verhandlungen der westlichen Verbündeten über weitere Waffenlieferungen in die Ukraine hat der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev die Bundesregierung eindringlich aufgefordert, seinem Land schnell Leopard-2-Kampfpanzer bereitzustellen. „Deutsche Waffen, deutsche Panzer sind überlebenswichtig“, sagte er. „Zum Diskutieren haben wir sehr wenig Zeit. Und wir erwarten, dass unsere Verbündeten das auch verstehen und richtig handeln.“
Am kommenden Freitag werden die Verteidigungsminister der westlichen Verbündeten der Ukraine auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein über weitere militärische Unterstützung beraten. Als erstes Land kündigte Großbritannien am Wochenende an, den ukrainischen Streitkräften Kampfpanzer westlicher Bauart zu überlassen – konkret handelt es sich um 14 Exemplare des Eigenfabrikats Challenger 2. Polen und Finnland sind bereit, im europäischen Verbund Leopard-2-Panzer aus deutscher Produktion zu liefern.
Die Bereitstellung der Panzer sowie zusätzlicher Artilleriesysteme solle Kiew dabei helfen, „die russischen Truppen zurückzudrängen“, sagte der britische Premierminister Rishi Sunak. Er kündigte die Lieferung in einem Telefongespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an. Die Panzer würden in den kommenden Wochen eintreffen, hieß es aus Downing Street 10. Schon in den kommenden Tagen werde man damit beginnen, ukrainische Soldaten an den Waffen auszubilden.
Selenskyj begrüßte die Entscheidung. Sie werde nicht nur die Ukraine „auf dem Schlachtfeld stärken“, sondern sende auch „das richtige Signal an andere Partner“, schrieb er auf Twitter.
Damit ist nicht zuletzt Deutschland gemeint. Kiews Botschafter in Berlin erhöhte prompt den Druck auf die Bundesregierung. Nach Ansicht von Makeiev ist eine weitere Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete ohne die Leopard-Panzer nicht möglich. „Deutsche Waffen retten Leben.“ Die Kampfpanzer gehörten zu den „wichtigsten Instrumenten der Befreiung“, sagte er. „In Deutschland wird darüber diskutiert, in der Ukraine werden sie gebraucht.“
Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall wies darauf hin, dass eine Lieferung instandgesetzter Leopard-Kampfpanzer – zumindest solche aus Werksbeständen – Zeit brauche. „Selbst wenn morgen die Entscheidung fällt, dass wir unsere Leopard-Panzer nach Kiew schicken dürfen, dauert die Lieferung bis Anfang nächsten Jahres“, sagte Vorstandschef Armin Papperger der „Bild am Sonntag“.
Rheinmetall verfügt über 22 Fahrzeuge vom Leopard 2 und über 88 Exemplare des älteren Modells Leopard 1. Papperger sagte, die Reparatur der ausgemusterten Kampfpanzer dauere „ein knappes Jahr“. Sie müssten für einen Kriegseinsatz „komplett auseinandergenommen und dann wieder neu aufgebaut“ werden.
Die Erwartungen Kiews reichen indes bereits über Leopard-Lieferungen hinaus. Man wünsche sich auch die Lieferung von Kampfflugzeugen, erklärte Makeiev. Auch sie könnten dazu beitragen, „die Lufthoheit zu bewahren“. Sie stünden „oben, aber nicht ganz weit oben“ auf der Prioritätenliste.
Makeiev kann sich zudem vorstellen, dass Präsident Selenskyj nach seinem spektakulären Besuch in Washington auch nach Deutschland reist. Er wisse, „dass mein Präsident sehr gerne nach Berlin kommen würde“ – schränkt allerdings ein: „Wenn es einen weiteren wichtigen Durchbruch bei der Hilfe für die Ukraine gibt.“ dpa/mb