Soli vor endgültigem Aus

Lindner droht ein Milliarden-Loch

von Redaktion

VON THOMAS SCHMIDTUTZ

Wäre Christian Lindner Finanzchef in einem Dax-Konzern und nicht Finanzminister, müsste er spätestens seit Dienstag milliardenschwere Rückstellungen bilden. Denn der für den Fiskus so lukrative Solidaritätszuschlag steht auf der Kippe. Das zeigt ein Blick auf das Soli-Verfahren vor dem Bundesfinanzhof. Dort klagt ein Ehepaar gegen die Ergänzungsabgabe. Die Eheleute halten sie für verfassungswidrig, weil der Soli zur Finanzierung des Aufbau Ost erhoben wurde. Doch spätestens seit dem Ende des Solidarpakts II Ende 2019 sei die Geschäftsgrundlage für die Extra-Steuer entfallen. Zudem verstoße die seit 2020 geltende Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz, da nur ein Bruchteil der Steuerzahler die Abgabe zahlen muss.

Zwar ließ der BFH in der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Soli keine Tendenz erkennen. Aber allein die Tatsache, dass die Richter keine einzige Frage hatten, dürfte ein Hinweis darauf sein, dass der Soli am Ende vor dem Bundesverfassungsgericht landet. Man muss kein Jurist sein, um zu ahnen, dass die Karlsruher Richter dann den Stecker ziehen könnten – mit enormen Folgen. Schließlich hat der deutsche Fiskus allein seit 2020 rund 40 Milliarden Euro beim Soli kassiert. Die müsste der Finanzminister dann zurücküberweisen, plus Zinsen. Insgesamt entspräche das gut acht Prozent des Bundesetats. Verglichen damit waren die sieben Milliarden, die der damalige Finanzminister Schäuble wegen der Brennelementsteuer an die Energiekonzerne zurückzahlen musste, Peanuts.

Doch für den Steuerzahler wäre auch ein Soli-Aus kein Grund zum Aufatmen. Denn die Bereitschaft, die fehlenden Milliarden einzusparen, hält sich in Berlin in Grenzen. Stattdessen dürfte der Fiskus woanders zulangen.

Thomas.Schmidtutz@ovb.net

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