Fuchstal/Bad Wörishofen – Für die Grünen muss Fuchstal so etwas wie ein Sehnsuchtsort sein. Mit Windrädern, Energiespeichern und Biogas will das Dorf im Allgäu bis 2030 energieautark werden – fossile Energien sind hier weit weg. „In Fuchstal sieht man doch, dass es geht“, sagt Fraktionschefin Katharina Schulze am Donnerstag. Dass die Landtags-Grünen ihre Winterklausur genau dort beginnen, wo ihre Vision Wirklichkeit wird, ist kein Zufall.
Gemeinsam mit Co-Fraktionschef Ludwig Hartmann will Schulze bei der Wahl im Oktober kräftig am Stuhl von Ministerpräsident Markus Söder sägen. Dabei setzen die Grünen auf ihr Kernthema: die Energiewende. „Wir sollten mehr auf die schauen, die es hinbekommen, und nicht dorthin, wo die Blockierer sitzen“, sagt Schulze in Anspielung auf die jahrelange Blockade des Windkraftausbaus durch Söders CSU. „Ich erwarte, dass Politiker sich in den Wind stellen und für die Energiewende kämpfen und sich nicht wegducken.“
Angesichts der fossilen Energiekrise wollen die Grünen Boden gewinnen: „Unter Markus Söder gab es ständig Wechsel in der Energiepolitik“, sagt Hartmann, „bei uns war das Ziel immer verlässlich: Wir wollen die grüne Energiewende. Diese Verlässlichkeit schätzt die bayerische Industrie.“ Gerade die energieintensive Chemiebranche leidet unter den hohen Kosten für Gas und Strom. „Die Wirtschaft fordert schon seit Jahren einen Industriestrompreis von vier Cent – das bekommen wir nur mit den Erneuerbaren hin. Vergangene Woche hat so viel Wind geweht, dass wir es teilweise schon geschafft haben“, sagt Hartmann. Mit dem Fokus auf die Wettbewerbsfähigkeit blasen die Grünen zum Angriff auf ein CSU-Kernthema.
Um die oft ungeliebten Windräder zu realisieren, wollen die Grünen die Bürger ins Boot holen: Die Windräder in Fuchstal gehören zur Hälfte der Gemeinde, die andere Hälfte wurde durch Beteiligung der Menschen aus der Umgebung finanziert. Hartmann schwärmt von gut 20 Prozent Rendite im letzten Jahr. Die Wertschöpfung bleibe in Bayern – „und sorgt hier auch noch für sichere Energie und günstigen Strom für alle“.
Zur Umsetzung der Energiewende wollen die Grünen ein neues „Regierungszentrum Energie & Klimaschutz“ schaffen. „Diese Behörde würde von der Regierung Rechenschaft über die Umsetzung des bayerischen Klimaschutzgesetzes verlangen“, sagt Schulze. Vor allem aber wollen sie investieren. Ein zehn-Milliarden-Euro-Programm soll die Energiewende im Freistaat in den nächsten fünf Jahren vorantreiben. Allein in den Austausch alter Öl- und Gasheizungen sollen 500 Millionen pro Jahr fließen – weitere 300 Millionen jährlich in den klimaneutralen Umbau von Wohnhäusern.
Fragt sich nur, ob all das graue Theorie bleibt. Denn eine Machtperspektive bestünde für die Grünen nur in einer Koalition mit der CSU – und die hat Söder ausgeschlossen. Schulze: „Es ist dreist, dass Markus Söder so tut, als könne er das Ergebnis vorwegnehmen, wir leben in einer Demokratie.“ MATTHIAS SCHNEIDER