Ramstein-Gipfel ohne Panzer-Einigung

Die Nato streitet – und Putin darf sich freuen

von Redaktion

VON GEORG ANASTASIADIS

Die Bundesregierung bewegt sich in der Kampfpanzerfrage – aber sie tut es in Zeitlupe und Millimeter für Millimeter. Nach monatelanger Debatte kommen der Kanzler und sein neuer Verteidigungsminister auf die tolle Idee, mal prüfen zu lassen, wie viele der ollen Dinger bei Bundeswehr und Industrie überhaupt herumstehen. Ein Zählappell, nach fast einem Jahr Krieg in Europa? Im Ernst? Bis heute wartet der Hersteller Rheinmetall auf einen Auftrag zur Instandsetzung der dort lagernden Panzer. Bei so viel Trägheit muss einem angst und bange sein – nicht nur um die Ukraine, aber um die ganz besonders.

Scholz und Pistorius spielen weiter auf Zeit, doch genau die haben die Verteidiger in der Ukraine nicht mehr. Ab dem Frühjahr, sagen Militärexperten, seien Russlands neu formierte Besatzungstruppen in der Lage, neue umfangreiche Offensiven zu starten. Putins Rüstungsschmieden laufen auf Hochtouren, während sich im westlichen Bündnis deutlich erkennbar Risse auftun. Daran ist allerdings nicht nur der Kanzler schuld: Anders als Großbritannien und Frankreich ist Deutschland keine Atommacht und daher für Putins nukleare Eskalationsdrohungen empfänglicher als etwa die USA. Das erklärt das Drängen von Olaf Scholz, nur Schulter an Schulter mit der großen Schutzmacht zu handeln. Es ist schade, dass Washington sich gestern in der Frage der Lieferung von Abrams-Kampfpanzern nicht bewegt hat.

Was er auch tut: Der Kanzler wird immer Risiken in Kauf nehmen müssen. Liefert er Panzer, ärgert er Putin. Tut er nichts, riskiert er, dass sich das Bündnis entzweit. Und lässt er zu, dass der Verbrecher im Kreml gewinnt, ist es um die Sicherheit in Europa ohnehin geschehen. Einen leichten Ausweg aus diesem Dilemma gibt es nicht. Nur die Gewissheit, dass alles noch schlimmer wird, wenn die Einigkeit der Nato zerbröselt.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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