Ampel-Streit um Autobahn-Ausbau

von Redaktion

FDP will mehr Tempo bei Planungsverfahren – Grüne sehen Konflikt mit dem Klimaschutz

Berlin – Der Koalitionsausschuss zieht seine Kraft aus seiner Informalität. Weil in diesen regelmäßigen Treffen hohe Vertreter von Regierungsparteien und Kabinett „im Hinterzimmer“ offen, aber nicht öffentlich streiten und verhandeln können, geht oft mehr vorwärts als in den regulären Ministerrunden. Auch die Ampel wählte gestern wieder diesen Weg, um einen länger schwelenden Streit zwischen FDP und Grünen beizulegen.

Im Kern geht es dabei um mehr Tempo bei Planungsverfahren im Verkehr, und somit um die Frage: Sollen Autobahnen schneller gebaut werden? Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist dafür. Er will, dass künftig der Bau und die Sanierung von Autobahnen, für die ein vordringlicher Bedarf festgestellt ist, im „überragenden öffentlichen Interesse“ liegt, wie es bereits für den Bau von Windrädern und Solaranlagen der Fall ist. So könnten Genehmigungsverfahren beschleunigt und Gerichtsverfahren erleichtert werden. Von mehr „LNG-Tempo“ ist dabei im politischen Berlin gerne die Rede, in Anlehnung an die Terminals für Flüssigerdgas (LNG), die in Norddeutschland in weniger als einem Jahr hochgezogen wurden – auch weil man auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtete. So etwas Ähnliches will Wissing nun also auch für Autobahnen.

Doch hinter dieser Fachfrage steht ein Grundsatzstreit in der Ampel-Koalition. In den Augen der Grünen ist der Schienenverkehr die klimafreundliche Zukunft – in neue Straßen wollen sie am liebsten kein Geld mehr stecken. „Neue Autobahnen dienen nicht der Erreichung der Klimaziele, das Gegenteil ist der Fall“, sagt die grüne Umweltministerin Steffi Lemke. Ganz anders sieht das die FDP. „Der Autobahnausbau hat mit den Klimazielen gar nichts zu tun“, sagt Fraktionsvize Lukas Köhler. Auch E-Autos könnten schließlich auf Autobahnen fahren. Und beim Planungsbeschleunigungsgesetz gehe es ja „nicht darum, welche Autobahn wohin hingebaut wird, sondern nur darum, dass wir schneller dafür sorgen, Autobahnen bauen zu können“, sagt Köhler. Ein möglicher Kompromiss: Verkehrsminister Wissing soll dazu bereit sein, sich auf 144 Engpässe im Autobahnnetz zu konzentrieren.

In Bayern ist derzeit ohnehin nur noch ein Neubauprojekt in der Planung – der Lückenschluss der A94 zwischen Marktl und Malching. Mehrere Ausbaumaßnahmen seien zudem „im vordringlichen oder weiteren Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes verankert und müssen genauso umgesetzt werden“, heißt es auf Anfrage unserer Zeitung aus dem Verkehrsministerium in München. Beispiele seien die Ausbauten der A3 zwischen Deggendorf und Hengersberg, der A6 westlich von Nürnberg oder der A 99. „Die Menschen in Bayern warten zum Teil seit Jahrzehnten darauf, dass diese Projekte umgesetzt werden“, teilt ein Sprecher mit. Je schneller das gehe, desto besser sei es. „Im Interesse Deutschlands und Bayerns können wir nur hoffen, dass sich Bundesverkehrsminister Wissing innerhalb der Ampel-Koalition durchsetzt.“

Die Sitzung des Koalitionsausschusses endete am Donnerstagabend ohne Ergebnis. Immerhin hieß es, die Gespräche seien „konstruktiv“ gewesen. SEBASTIAN HORSCH

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